Rechtliche Grundlagen für "Wohngesundheit"
Rechtsanspruch auf ein gesundheitsverträgliches Bauwerk
20.01.2024 Hinweis zu einem interessanten Interview mit dem bekannten Rechtsanwalt Wilhelm Krahn-Zembol:
Baubiologie – Recht auf Gesundheit?
Die Beachtung dieses Rechtsanspruches erfordert ein gewissenhaftes Qualitätsmanagement aller Bauakteure
EGGBI bietet grundsätzlich keine juristische oder medizinische Beratung sondern unterstützt ausschließlich bei der Erstellung eines möglichst emissionsarmen Wohnumfeldes, dies nach Möglichkeit stets in Zusammenarbeit mit dem jeweils behandelnden Arzt.
Bei Aussagen zu diversen Rechtsfragen beschränkt sich EGGBI auf Zitate mit Angabe der Quellenangaben (deren qualitative Bewertung dem Homepagebesucher obliegt) und tätigt selbst keinerlei "juristische" Aussagen! Gerne empfehle ich aber bei Bedarf entsprechende Fachleute.
Siehe dazu auch Eigenpublikationen:
Rechtliche Grundlagen und Definition
Musterverwaltungsvorschrift MVV TB
Haftung des Architekten, Beratungshaftung des Verarbeiters, Händlers, Herstellers
Bedenkenhinweispflicht des Auftragnehmers
Beispiel der Einforderung der Architektenhaftung
"Sachverständige" bei Umwelterkrankungen
Pflichten des Auftraggebers - Gefahrenermittlung
Untätigkeitsbeschwerde gegen Behörden oder Gerichte
Strahlenschutzgesetz (ab 31.12.2018)
Gesetzliche Vorgaben und Empfehlungen in Österreich
Bestimmungen für den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
"OSB- Urteil" - Gerichtsbeschlüsse bezüglich VOC Grenzwerte für Holzwerkstoffe
Gebäudekauf- "verschwiegene Mängel"
Urteile bei nicht funktionierender Heizung
EU Referenzwerte für Radonbelastungen ab 2018
Definitionsversuch "Wohngesundheit":
Was versteht "man" unter Wohngesundheit ?
"Wohngesundheit bei Wikipedia"
Definitionsversuch "Nachhaltigkeit"
Werbung mit Gesundheit - rechtliche Risiken
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Wenngleich es noch keine gesetzlichen "Grenzwerte" bezüglich "Gesundheitsverträglichkeit" von Gebäuden gibt ,(die nachfolgend zitierten "Gesetze" berufen sich stets auf die Vermeidung einer "Gesundheitsgefährdung") so gibt es zwischenzeitlich eine verbreitete Rechtssprechung, die sich beispielsweise sehr stark auch an den Empfehlungen des Umweltbundesamtes bezüglich empfohlener "Raumluftqualitätsstufen" orientiert.
UBA- Richtwerte für die Innenraumluft (Tabelle 2, Seite 997/998)
Grundsätzlich haben rechtliche Schritte große Aussicht auf Erfolg,
- wenn Bauherren, Mieter, nachweisbar gesundheitliche Beschwerden nach Bezug des Gebäudes anführen können, die auf Belastungen durch das Gebäude, auf Bauteile/ Bauprodukte zurückzuführen sind,
- wenn vertraglich vereinbarte Grenzwerte nicht eingehalten werden (zahlreiche Kommunen fordern zwischenzeitlich ebenso wie viele "gesundheitsbewusste Bauherren" bereits in den Ausschreibungen die Einhaltung festgelegter Formaldehyd- und TVOC Werte - nachweisbar spätestens beim Übergabetermin)
Besondere "rechtliche Unterstützung" erhalten Betroffene wenn der Bauunternehmer im Vorfeld mit "gesundheitlichen"Eigenschaften wirbt ("allergikergeeignet","besonders wohngesund"), da der Bauherr dann von erhöhten Standards ausgehen kann.
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Bürgerliches Gesetzbuch
Strafgesetzbuch
§ 319 StGB
Baugefährdung
(1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in Ausübung eines Berufs oder Gewerbes bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Vorhabens, technische Einrichtungen in ein Bauwerk einzubauen oder eingebaute Einrichtungen dieser Art zu ändern, gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet.
(3) Wer die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(4) Wer in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Produktsicherheitsgesetz
Abschnitt 2
Voraussetzungen für die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt sowie für das Ausstellen von Produkten
§ 3
Allgemeine Anforderungen an die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt
(1) Soweit ein Produkt einer oder mehreren Rechtsverordnungen nach § 8 Absatz 1 unterliegt, darf es nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es
- die darin vorgesehenen Anforderungen erfüllt und
- die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder sonstige in den Rechtsverordnungen nach§ 8 Absatz 1 aufgeführte Rechtsgüter bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung nicht gefährdet.
(2) Ein Produkt darf, soweit es nicht Absatz 1 unterliegt, nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet. Bei der Beurteilung, ob ein Produkt der Anforderung nach Satz 1 entspricht, sind insbesondere zu berücksichtigen:
- die Eigenschaften des Produkts einschließlich seiner Zusammensetzung, seine Verpackung, die Anleitungen für seinen Zusammenbau, die Installation, die Wartung und die Gebrauchsdauer,
- die Einwirkungen des Produkts auf andere Produkte, soweit zu erwarten ist, dass es zusammen mit anderen Produkten verwendet wird,
- die Aufmachung des Produkts, seine Kennzeichnung, die Warnhinweise, die Gebrauchs- und Bedienungsanleitung, die Angaben zu seiner Beseitigung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen,
- die Gruppen von Verwendern, die bei der Verwendung des Produkts stärker gefährdet sind als andere.
Textquelle: Gesetze im Internet 27.07.2021
(Kommentar: EGGBI zu Punkt 4: Dazu zählen aus unserer Sicht Gebäudenutzer mit erhöhtem Gesundheitsschutzbedarf wie Kleinkinder, ältere Menschen, Schwangere,aber auch Allergiker - geschätzt 30 % der Bevölkerung")
Die „EG Richtlinie 89/106/EWG", zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Bauprodukte, wurde am 21. Dezember 1988 vom Rat der Europäischen Gemeinschaft erlassen. Diese Bauprodukterichtlinie wurde in Deutschland durch das „Gesetz über das Inverkehrbringen von und den freien Warenverkehr mit Bauprodukten“ (Bauproduktegesetz – BauPG) umgesetzt. Darüber hinaus ist ein Bauprodukt Gegenstand weiterer Regelungen und Gesetze, wie beispielsweise (seit dem 01.01.2012) das Produktesicherheitsgesetz (ProdSG). Die Verwendung von Bauprodukten wird darüber hinaus in den Bauordnungen der einzelnen Länder geregelt.
EU-Bauprodukteverordnung
Die neue Bauprodukteverordnung (BauPVO)
Ab Juli 2013 gilt in der EU eine neue Verordnung zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten. Die Zielsetzung der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 (EU-BauPVO) ist dieselbe wie schon in der Richtlinie 89/106/EWG, die sie ersetzt: den freien Verkehr mit Bauprodukten auf dem Binnenmarkt und ihre uneingeschränkte Verwendung - ohne Kerben in Schutzniveaus - zu fördern.
Grundanforderungen nach Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang I der Bauproduktenverordnung sind
1. Mechanische Festigkeit und Standsicherheit,
2. Brandschutz
3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
4. Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung
5. Schallschutz
6. Energieeinsparung und Wärmeschutz
7. Nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen
Für jede der geforderten Eigenschaften müssen bei allen Bauprodukten, die nach europäischen Normen gefertigt und geprüft wurden, produktspezifische Angaben gemacht werden.
Anhang 1 der Bauprodukteverordnung – Grundanforderungen an Bauwerke
Zitat:
3. Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass es während seines gesamten Lebenszyklus weder die Hygiene noch die Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmern, Bewohnern oder Anwohnern gefährdet und sich über seine gesamte Lebensdauer hinweg weder bei Errichtung noch bei Nutzung oder Abriss insbesondere durch folgende Einflüsse übermäßig stark auf die Umweltqualität oder das Klima auswirkt:
a) Freisetzung giftiger Gase;
b) Emission von gefährlichen Stoffen, flüchtigen organischen Verbindungen, Treibhausgasen oder gefährlichen Partikeln in die Innen- oder Außenluft;
c) Emission gefährlicher Strahlen;
d) Freisetzung gefährlicher Stoffe in Grundwasser, Meeresgewässer, Oberflächengewässer oder Boden;
e) Freisetzung gefährlicher Stoffe in das Trinkwasser oder von Stoffen, die sich auf andere Weise negativ auf das Trinkwasser auswirken;
f) unsachgemäße Ableitung von Abwasser, Emission von Abgasen oder unsachgemäße Beseitigung von festem oder flüssigem Abfall;
g) Feuchtigkeit in Teilen des Bauwerks und auf Oberflächen im Bauwerk.
In dieser Verordnung wird zwar offensichtlich das "Bau-Produkt" als "Verursacher für Probleme im Bauwerk" gesehen, dem Planer/ Bauunternehmer fehlen allerdings die Nachweise, ob er tatsächlich mittels der EU Bauproduktverordnung ein Instrument der Produktbewertung zur Erreichung dieser "Vorgaben" (für die letztlich wieder er haftet) erhält.
Zwar versuchten nationale Ergänzungen wie z.B. Zusatzanforderungen im Rahmen der bauaufsichtlichen Zulassung in Deutschland bisher die gesundheitlichen Anforderungen umfassender zu definieren- dies wurde aber durch ein EU Urteil aktuell ausser Kraft gesetzt.
Das derzeit allein "maßgebliche" CE Zeichen für eine europäische Zulassung zeichnet sich durch massive Mängel an echten, überprüften und nachvollziehbaren Informationen aus.
Musterverwaltungsvorschrift MVV TB
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Ausnahmeregelung - 10.07.2019: "OSB Urteil" hebt einzelne Bestimmungen der MVV TB (VOC Grenzwerte für OSB und Spanplatten) auf -
ergänzt und bestätigt mit Urteil 7.10.2020
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In diesen "Technische Baubestimmungen" finden sich wesentliche Anforderungen im Hinblick auf Gesundheitsschutz, die vor allem auch in den Landesbauordnungen (nächstes Kapitel) ihren Niederschlag finden.
Die neue MVV TB wurde auf der Grundlage des EuGH-Urteils vom 16.10.2014 zum Verstoß Deutschlands gegen die europäische Bauproduktenverordnung erarbeitet.
Die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) wurde erstmals mit Stand vom 31.08.2017 veröffentlicht. Die MVV TB wird zukünftig die Listen der Technischen Baubestimmungen (LTB) sowie die Bauregellisten (BRL) ersetzen. Hierzu wird in der neuen Bauordnung eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage geschaffen. Die Einführung in den Bundesländern erfolgt nun sukzessive. An dieser Stelle möchte ich einen stets möglichst aktuellen Stand zum Verfahren festhalten.
Aktuelle
Ausgabe 2023 MVV-TB Seite 56, Kapitel A 3.1
Änderungen gegenüber MVV-TB 2021
Fachlich nicht nachvollziehbar- im Anhang 8 wurden die AgBB Anforderungen bezüglich OSB- Platten und Spanplatten herausgenommen - siehe dazu "OSB-Urteil"
1.1 Wesentliche Aussagen:
A 3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz Seite 56
A 3.1 Allgemeines
Gemäß § 3 und § 13 MBO1 sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und
instand zu halten,
dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden und durch pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen entstehen.
1.2 Detaillierte Aussagen Anhang 8
Anforderungen an bauliche Anlagen bezüglich des Gesundheitsschutzes (ABG) Stand: 15.01.2020
Gegenstand und Geltungsbereich:
In diesem Dokument werden die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes konkretisiert.
"Die Luftqualität in Innenräumen spielt dabei eine wesentliche Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen.
In zahlreichen wissenschaftlichen Studien ist mittlerweile belegt, dass die Ausbildung von Atemwegserkrankungen, Entzündungsreaktionen und Reizschädigungen am Atemtrakt und den Augen, systemische Schädigungen, Sensibilisierungen/Allergien sowie eine Reihe unspezifischer Symptome (Unwohlsein, Kopfschmerzen, Übelkeit, zentralnervöse Störungen, Schwindel usw.) in direktem Zusammenhang mit der Innenraumluftqualität und Luftverunreinigungen stehen.
Unter den gesundheitsschädigenden Wirkungen erfordern karzinogene, mutagene und reproduktionstoxische Auswirkungen eine besondere Beachtung. Die Gesundheits- und Hygieneanforderungen an bauliche Anlagen leiten sich aus den gesundheitsrelevanten Eigenschaften der verwendeten Bauteile, Bausätze und Baustoffe ab.
Diese können durch Emissionen zu den Raumluftverunreinigungen beitragen und erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit verursachen. Dazu gehören potentielle Emissionen flüchtiger anorganischer und organischer Verbindungen ebenso wie von Partikeln.
Zu berücksichtigen sind sowohl bauliche Anlagen, Bauteile und Baustoffe mit direktem als auch indirektem Kontakt zum Innenraum, das heißt auch solche Produkte, die zwar mit anderen Produkten verkleidet oder abgedeckt, aber nicht diffusionsdicht abgeschottet sind. Auch der Gehalt nicht oder wenig flüchtiger chemischer Stoffe ist für die gesundheitliche Bewertung von Bedeutung, da diese z.B. durch das Bearbeiten der Produkte auch in partikel- oder staubgebundener Form freigesetzt und für den menschlichen Körper verfügbar gemacht oder durch direkten Hautkontakt aufgenommen werden können."
1.3 Wesentliche Anforderungen an einzelne Bauprodukte:
Für eine Reihe von aufgelisteten Produkten werden Anforderungen an die Emissionen definiert:
n Bodenbeläge, Bodenbelagskonstruktionen sowie deren Komponenten,
n Klebstoffe,
n reaktive Brandschutzbeschichtungssysteme auf Stahlbauteilen,
n Dämmstoffe (Phenolharzschäume und UF-Ortschäume),
n Dekorative Wandbekleidungen und dickschichtige Wandbeschichtungen auf Kunststoffbasis,
n Deckenverkleidungen und Deckenkonstruktionen auf Kunststoffbasis,
n Holzwerkstoffe in Form von schlanken ausgerichteten Spänen (OSB) und kunstharzgebundene
Spanplatten,
n dekorative Hochdruck-Schichtpressstoffplatten (HPL),
n nachträglich aufgebrachte organische Feuerschutzmittel.
1.3.1 TVOCspez
Die TVOCspez-Werte dürfen die in Tabelle 1 genannten Werte nicht überschreiten. (Anhang 8, Tabelle 1, Seite 221)
1.3.2 TSVOC Summe der schwerflüchtigen organischen Verbindungen
Die Summe der SVOC in der Kammerluft nach 28 Tagen darf die in Tabelle 1 genannte Konzentration nicht überschreiten. In Einzelfällen sind für SVOC NIK-Werte abgeleitet. Die SVOC, für die NIK-Werte festgelegt wurden, sind in die R-Wertbildung (siehe unten) und in den TVOCWerten rechnerisch einzubeziehen und unterliegen nicht mehr dem Summenwert SVOC von 0,1 mg/m³ nach 28 Tagen.
1.3.3 Leichtflüchtige organische Verbindungen (VVOC)
Die VVOC, für die NIK-Werte festgelegt wurden, sind in die R-Wertbildung rechnerisch einzubeziehen, werden aber nicht in der Bildung des TVOC-Wertes berücksichtigt.
1.3.4 R-Wert Einzelstoffbewertung
Die Summe aller Ri -Werte darf den in Tabelle 1 genannten Wert nicht überschreiten.
R = Summe aller
Ri = Summe aller Quotienten (Ci / NIKi) ≤ 1
Zur Bewertung wird für jede Verbindung i das in nachfolgender Gleichung definierte Verhältnis Ri gebildet. Ri = Ci / NIKi . Hierin ist Ci die Stoffkonzentration in der Kammerluft. Für eine Vielzahl von innenraumrelevanten flüchtigen organischen Verbindungen (VVOC, VOC und SVOC) sind in Anlage 2 NIK-Werte gelistet. Ihre Quantifizierung erfolgt substanzspezifisch. Alle Einzelstoffe ab einer Konzentration von 5 µg/m³ sind in der Einzelstoffbewertung zu berücksichtigen. Aktuelle Richtwerte
Daneben wurden für weitere Stoffe (Nitrosamine, Ammoniak…) Grenzwerte" definiert.
Für Planer unerfreuliche Ausnahmeregelung für OSB- und Spanplatten
Mit Gerichtsbeschluss vom 07.10.2020 wurde vom VGH Baden-Württemberg (8 S 1959/18) ein Urteil aus 2020 bestätigt, mit welchem Anforderungen bezgl. VOC Werten für OSB – und Spanplatten für ungültig erklärt wurden. (Siehe OSB -Urteil)
Aktuelle Richtwerte
Natürlich bietet die Einhaltung der AgBB Grenzwerte keine Garantie für ein "mangelfreies" Gebäude laut MVV TB Punkt A 3.1.
Gemäß § 3 und § 13 MBO1 sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden und durch pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen entstehen.
Siehe dazu Zitat AgBB 2018 Kapitel 4.2.
"Grundlage für die gesundheitliche Bewertung eines Bauproduktes sind die durch dieses Produkt bedingten Konzentrationen von flüchtigen organischen Verbindungen in der Innenraumluft. Für eine solche Bewertung sind die in den Prüfkammertests nach dem AgBB-Schema ermittelten flächenspezifischen Emissionsraten eines Bauproduktes (s. 4.1) allein nicht ausreichend. Vielmehr müssen zusätzlich die unter Praxisbedingungen zu erwartenden Raumluftsituationen berücksichtigt werden. Das Verbindungsglied zwischen Produktemission und Raumluftkonzentration bildet das Expositionsszenario, das die Produktemission, die Raumdimensionierung, den Luftaustausch und die emittierende Oberfläche des in den Raum eingebrachten Bauproduktes zu beachten hat."
Geradezu grotesk aber wirkt für den Architekten, Bauunternehmer die Aussage in der Erstvorlage MVV-TB 2017:
"Je nach Produktgruppe kann der Gehalt oder die Freisetzung weiterer Stoffe gesundheitlich relevant sein und sich aus der chemischen Zusammensetzung der Produkte ableiten. In diesen Fällen ist auszuschließen, dass durch die Verwendung solcher Stoffe eine schädliche Wirkung auf die Gesundheit des Menschen entsteht. /Seite 264 MVV-TB 2017)"
Wie soll grundsätzlich ein Architekt, Planer, Bauunternehmer, Handwerker oder Bauherr verantwortungsbewusst Produkte auswählen, wenn sich ein Großteil der Hersteller nach wie vor weigert, entsprechende Emissionswerte der Produkte bekanntzugeben – bestenfalls Zertifikate mit Aussagen zur Einhaltung diverser Summengrenzwerte für freiwillige, meist ohnedies Industrieverband - initiierter Gütezeichenvergabestellen mit nur selbstausgewählten "zu prüfenden Stoffgruppen" zur Verfügung stellt – selbst aus den marketingwirksamen EPDs – Deklaration aber kein Gütezeichenund dem Blauer Engel keine umfassenden und glaubwürdigen Emissionswerte abzulesen sind.
- wenn er selbst aus sogenannten Gütezeichen wie EC1 keinerlei Einzelemissionsinformationen erhält
- eine Weitergabe der Prüfberichte definitiv den GEV Mitgliedern verboten ist, („Soweit nicht anders gesetzlich vorgeschrieben, ist ordentlichen Mitgliedern die Weitergabe von Prüfzeugnissen oder Prüfergebnissen aus Emissionsprüfungen zu werblichen oder verkaufsfördernden Zwecken nicht gestattet.“) Die Prüfberichte werden uns, aber auch Architekten selbst für die Beratung von Umwelterkrankten, von Allergikern, Schulen und Kitas verweigert!
- die Essigsäure beispielsweise gar nicht berücksichtigt wird- Zitat: Da Essigsäure nach EN 16516 mit dieser Prüfmethode nicht quantitativ bestimmt werden kann, werden Ergebnisse für Essigsäure nicht in den TVOC und in den R-Wert eingerechnet. Seite 7 Kriterien)
- selbst in sogenannten EPDs von namhaften Baustoffherstellern seit Jahren sogar der VOC Wert (geschweige denn der Wert der unter anderem oben erwähnten „weiteren Stoffe?“) nicht angegeben wird.
Beispiel OSB Krono EPD:
7.5 VOC-Emissionen: Der VOC Nachweis ist bei verkürzter Gültigkeit der EPD (1 Jahr) optional.
Diese EPD weist aber eine Gültigkeit vom 15.06.2015 bis 14.06.2020 auf. (OSB allgemein)
- aber selbst der „Blaue Engel“ – vielfach propagiert als Entscheidungshilfe für Architekten/ Planer beispielsweise die Hersteller nicht zur Veröffentlichung der Emissionswerte verpflichtet,
- für immer häufiger bei Schadstoffuntersuchungen festgestellte – hormonell langzeitwirksame Flammschutzmittel, Weichmacher in der MVV gar keine Emissionsnachweise gefordert werden (nur Deklarationspflicht bei Flammschutzmitteln)
Landesbauordnungen
In den Landesbauordnungen wird definitiv am wirkungsvollsten für den Verbraucher auf den "Gesundheitsschutz" verwiesen. Die Voraussetzungen ergeben sich auch aus den Vorgaben des Instituts für Bautechnik DiBt - unter anderem aus der Musterverwaltungsvorschrift (neu: 31.08.2017- Ausgabe 2017). Dazu konkret Anforderungen zum Gesundheitsschutz (ABG Stand Mai 2017)
Art. 3
Allgemeine Anforderungen
(1) 1 Anlagen sind unter Berücksichtigung der Belange der Baukultur, insbesondere der anerkannten Regeln der Baukunst, so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. 2 Sie müssen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung die allgemeinen Anforderungen des Satzes 1 ihrem Zweck entsprechend angemessen dauerhaft erfüllen und ohne Missstände benutzbar sein.
Strittig derzeit der Punkt 4:
(4) Bauprodukte und Bauarten, die in Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum genannten technischen Anforderungen entsprechen, dürfen verwendet oder angewendet werden, wenn das geforderte Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichermaßen dauerhaft erreicht wird.
Während die Bundesregierung ebenso wie Verbraucherschützer überzeugt sind, dass das geforderte Schutzniveau durch die europäische Bauprodukteverordnung bzw. das CE Zeichen nicht ausreichend geschützt wird, sind zusätzliche Prüfanforderungen diesbezüglich derzeit durch ein EU Urteil außer Kraft gesetzt. Siehe dazu EGGBI Bewertung CE Zeichen.
Siehe auch Stellungnahme zu "bauaufsichtlicher Zulassung von Produkten"
Konkretes Beispiel Landesbauordnung Bayern:
Art. 3 Allgemeine Anforderungen
Art. 11 Schutz gegen Einwirkungen
Art. 15 Bauprodukte
Hier wird auf die Europäische Bauprodukteverordnung verwiesen - zusätzliche Anforderungen bezüglich gesundheitlicher Vorsorge (Anforderungen bei bauaufsichtlichen Zulassungen mit AgBB Prüfungen für bestimmte Produktgruppen sind derzeit durch ein EU Urteil ausser Kraft gesetzt, die Bundesregierung hat dagegen geklagt.
Wichtig für den Verbraucher
Entscheidend sind bei den Landesbauordnungen bzw. auch in der Musterbauordnung
bezüglich "Gesundheit" für den Verbraucher
aber vor allem die Forderungen
§ 13 Schutz gegen schädliche Einflüsse (entspricht Punkt 11 bayerische LBO)
„Bauliche Anlagen müssen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere
- chemische, physikalische oder biologische Einflüsse
- Gefahren oder
- unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Allgemeine Anforderungen
Langfristige Geruchsbelastungen zählen nach unserer Auffassung zu "unzumutbaren Belästigungen".
Zitat:
Unzumutbare Belästigungen
"Die Kommentarliteratur ist sich darüber einig, dass unzumutbare Belästigungen unterhalb der Schwelle der reinen Gefahrenabwehr anzusiedeln sind. Sie stellen "Störungen" dar, ohne schadensbegründend zu sein. Solche Belästigungen sind z.B. Störungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens oder sonstige, die Leistungsfähigkeit oder Lebensfreude des Menschen Beeinträchtigungen, insbesondere solche durch Geräusche, Gerüche, Wärme, optische Reize oder Ungeziefer, ohne gesundheitsgefährdend zu sein. (vgl. Simon/Busse, 2016, Art. 3, Rn 130; und Alexejew, 2016, §3, Rn.26
Quelle: Rudolf Müller Verlag; "Emissionen aus Bauprodukten"(1/2017)"
Problematik für den Bauausführenden:
Während der Verbraucher hier bestmögliche "Sicherheit" erhält, fehlen dem Bauunternehmen aktuell ausreichende Informationen, mit welchen Produkten er diese Anforderungen sicher erfüllen kann - entsprechen muss er eigenverantwortlich die Haftung übernehmen, wenn durch von ihm ausgewählte Bauprodukte "in Summe" im Gebäude ein berechtigter Reklamationsfall bezüglich Raumluftqualität vorliegt.
Interpretation aus Sicht des Verbrauchers:
Bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen, auch dauerhaft störenden Gerüchen, verursacht durch das "Produkt" Haus interessiert den Verbraucher nicht, durch welche Baustoffe (so sie von einem Unternehmer verantwortlich durch ihn oder einen von ihm beauftragten Subunternehmer eingebrachtworden sind) die Belastung erfolgt,
sondern nur, dass das "gelieferte" Produkt Haus nicht erwartungsgemäß genutzt werden kann.
Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen nützen dem Bauunternehmer im Verfahren mit dem Kunden somit Einzelaussagen seiner Vorlieferanten, auch Gütezeichen, Prüfberichte einzelner Produkte nichts - er war für die Produktauswahl und deren mengenmäßigen Einsatz (Raumbeladung) und damit für das Endprodukt Gebäude verantwortlich -
und er kann nur in einem eigenen, späteren Verfahren versuchen, von Vorlieferanten Regressansprüche einzufordern. Dies wird ihm aber nur selten gelingen, da erhöhte Emissionswerte sehr oft von unterschiedlichen Einzelprodukten stammen und die Gesamt"überschreitung" des "Verträglichen" daher meist nicht einzelnen Produkten/ Lieferanten zugeordnet werden kann.
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Haftung des Architekten - Beratungshaftung von Händlern, Herstellern, Verarbeitern, Gutachtern
Während sich die Hersteller bei erhöhten Raumluftbelastungen im fertigen Gebäude meist aus der Verantwortung ziehen - (ihr Produkt hielte die AgBB Richtwerte (?) ein, hätte möglicherweise den Blauen Engel oder ähnliches - schuld seine nur(!) die zusätzlich eingesetzten weiteren Produkte anderer Hersteller) haften Planer und Bauunternehmer für die Einhaltung der oben zitierten MVV-TB bezüglich der Gesundheitsverträglichkeit des Gebäudes.
Dabei verweigern die meisten Hersteller umfassende Emissionsprüfberichte, die zumindest helfen könnten, zu erwartende Raumluftbelastungen durch Betrachtung der einzelnen Produkte wenigstens abzuschätzen. OSB- Plattenhersteller klagten sogar erfolgreich (!) vor Gericht gegen die Einhaltungspflicht von VOC- Höchstwerten. (OSB- Urteil)
Nicht nur das Bauunternehmen ist entsprechend den Landesbauordnungen (bzw. Musterbauordnung) verpflichtet, ein "wohngesundheitlich" einwandfreies Gebäude zu errichten,
Zitat:
„Bauliche Anlagen müssen so angeordnet, beschaffen und gebrauchstauglich sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen entstehen"
auch der Architekt steht hier eindeutig in der Haftung:
Zitat:
Vertragliche Vereinbarungen
In jedem Stadium seiner Leistungserbringung kann der Architekt damit beauftragt werden, sein Augenmerk besonders auf baubiologische und gesundheitliche Themen zu richten.
Bei der Grundlagenermittlung hat der Architekt die Interessenlage des Bauherrn zu erforschen. Er muss deshalb
auch ohne besonderen Auftrag
herausfinden:
• ob besondere energiesparende Maßnahmen gewünscht sind,
• ob der Bauherr bestimmte allergene Stoffe meiden möchte,
• ob er an einer guten Innenraumluftqualität besonderes Interesse hat und
• ob es wegen der besonderen Art der Nutzung bestimmter Lüftungsanlagen – über die anerkannten Regeln der Technik hinaus – und ähnlichem bedarf.
(Hinweis: Letztere beiden Punkte wurden zum Beispiel im Fall Schule Rebstock offensichtlich nicht beachtet bzw. umgesetzt!)
Was der Auftraggeber nicht bereits
selbst vorgibt, muss der Architekt erfragen.
Er ist Sachwalter der Bauherreninteressen.
Quelle: Deutsches Architektenblatt, September 2015
Weitere Aussagen in dieser Publikation:
"Im Architektenvertrag können Zielwerte für die Innenraumluftqualität vorgegeben werden, also etwa Grenzwerte für Stoffe wie Formaldehyd oder Radon.
Es können auch Belastungshöchstwerte einzelner Baustoffe als Bausoll vereinbart werden.
Die Parteien können festlegen, dass nur Baustoffe mit entsprechender Zertifizierung verwendet werden dürfen und dass der Architekt einen Sonderfachmann einzuschalten hat, der ggf. baubegleitende Messungen oder auch Abschlussmessungen durchführt, um erzielte Werte zu dokumentieren. Schließlich kann dem Architekten vorgegeben werden, dass das Gebäude ein bestimmtes Zertifikat erhalten soll und somit rechtzeitig die Vorgaben der Zertifizierungsstelle zu erfüllen sind."
Ein weiteres Zitat:
"Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Architekten und dem Bauherrn:
Der Architekt hat aufgrund seines Werkvertrags mit dem Bauherrn, der im Regelfall bezüglich des Neubaus oder Abbruchs meist Laie ist, weitgehende Beratungspflichten. Beim Neubau eines Gebäudes ist er deshalb verpflichtet, die Verwendung von zugelassenen und schadstofffreien Baumaterialien sicherzustellen.
Soweit ihm hierfür die erforderlichen Detailkenntnisse fehlen, muss er dem Bauherrn die Beauftragung eines Fachmanns empfehlen. Dies gilt insbesondere bei speziellen Wünschen des Bauherrn zur Frage, welche schädlichen Auswirkungen eventuell auch von zugelassenen Baumaterialien ausgehen können. Dagegen hat er nicht die Pflicht, die Verwendung nicht zugelassener gesundheitsschädlicher Baumaterialien beim Einbau durch die Handwerker zu überprüfen." Architektenkammer Baden-Württemberg, 27.01.2012
"Haftung droht dem Architekten und Ingenieur nicht nur in jeder Leistungsphase, sondern auch schon bei Vertragsabschluss. Sie haften nicht nur für die mangelhafte Erstellung der Planung, für Fehler in der Vergabe des Bauvorhabens und für sonstige Verletzungen vertraglicher Pflichten, sondern nicht selten auch für Mängel, die durch die Bauunternehmer hervorgerufen wurden.
Der Anspruchsteller kann sich aussuchen, von welchem der Gesamtschuldner er den Schadensersatz erhält. Ist der Unternehmer insolvent oder nicht mehr existent, wird sich der Anspruchsteller an den Architekten und Ingenieur halten." Zitat aus Architekten- und Ingenieurshaftung
Offensichtlich ist diese Haftung des Architekten nicht allen bekannt - ansonsten käme es nicht immer wieder auch bei Neubauten zu unverantwortlichen Schadstoffbelastungen - selbst bei Schulen und Kitas mit unstrittig voraussetzbarem "erhöhten Bedarf an gesundheitlicher Unbedenklichkeit" bzw. siehe Zitat oben: "besonderem Interesse an guter Innenraumluftqualität".
Wichtig vor allem aber auch bei Rechtsstreitigkeiten:
Je nach beauftragter Leistungsphase haftet der Architekt zwischen 5 und 10 Jahren bei durch ihn verschuldeten Mängeln. (Baunetz- Gewährleistung).
Siehe auch Kapital 6 und 8: "Grundlagen für Wohngesundheit"
Forderung zur Unterstützung von Architekten und Bauunternehmen
Hersteller müssen verpflichtet werden, möglichst aussagekräftige, umfassende und glaubwürdige Informationen zum "Gesamt-Emissionsverhalten" ihrer Produkte zur Verfügung zu stellen,
um damit dem Planer die Möglichkeit zu geben, Einzelemissionen von Produkten im Hinblick auf Raumbeladung und "Zusammenwirken" der anderen Baustoffe beurteilen und berücksichtigen zu können.
Bei öffentlichen Ausschreibungen sollte grundsätzlich die Vorlage von Emissionprüfberichten (beispielsweise auch von Klebern, Lacken, Wandfarben, Bodenbelägen) und nicht nur "Zertifikaten" gefordert werden.
Auch Ausnahmen beispielsweise bezüglicher "natürlicher Emissionen" aus Holzwerkstoffen (Anfrage Umweltministerium Baden Württemberg) sind dabei keinesfalls zu akzeptieren, da auch solche Stoffe (z.B. Terpene/ Essigsäure/ Ameisensäure) dazu führen können, dass die Forderungen der MVV- TB im fertigen Gebäude nicht mehr erfüllt werden. Natürlich müssen grundsätzliche "Abweichungen" innerhalb verschiedener Produktgruppen bei Naturprodukten berücksichtigt werden, "Grenzwerte" wesentlich mehr "toxikologisch begründet" bewertet werden und nicht nur pauschal wie bisher ausschließlich durch Bewertung des TVOC- Wertes (summenwert aller möglichen - bedenklichen und auch unbedenklichen VOCS) anderen Schadstoffen gleichgestellt werden.
Eine Unterscheidung zwischen natürlichen und "synthetischen" Emissionen beim gleichen Stoff ist aber nicht begründbar - Essigsäure findet sich beispielsweise vor allem in vielen Hölzern (unter anderem besonders Eiche) - aber auch in manchen Produkten der Bauchemie (Silikone, Lacke und andere).
Diverse Zertifikate, Gütezeichen (mit Aussagen, diverse Summenwerte an VOCs nicht zu überschreiten) ohne Angabe der tatsächlichen Emissionseinzelwerte bedeuten daher für den Planer keinerlei seriöse Hilfestellung, zumal auch Emissionen wie Weichmacher, Flammschutzmittel und andere bei gewissenhafter Planung zu berücksichtigen sind.
Offensichtlich zeigen aber zahlreiche Baustoffhersteller und vor allem deren Verbände kein Verständnis für diese Probleme und Bedürfnisse von Architekten. Dies zeugte sich erneut bei einem "Thekengespräch" anlässlich der Bau 2019 in München: siehe dazu unseren Bericht.
Beratungshaftung von Herstellern - Händlern- "Beratern"
Bei vielen Produkten empfiehlt es sich, vom "anbietenden" Hersteller, Händler, Verarbeiter sich auch bezüglich der gesundheitsrelevanten Produkteigenschaften schriftlich "beraten" zu lassen, um die "Architektenhaftung" im Falle von Reklamationen, erhöhten Schadstoffbelastungen oder "unzumutbaren Belästigungen" wie z.B. extrem störende Gerüche entsprechend der MVV-TB mit dem Hinweis auf deren "Beratungshaftungen" weitergeben zu können.
Vor allem, wenn den Planern, Verkäufern, Beratern, Verarbeitern bekannt ist, dass es sich beim Interessenten um besonders "sensitive Verbraucher "handelt (Allergiker, Chemikaliensensitive…) ist auch rechtlich zu prüfen, ob spätestens bei gesundheitlichen Symptomen nach Einsatz solcher Stoffe hier nicht ein Beratungsmangel vorliegt mit Konsequenzen bezüglich der Beratungshaftung.
Zitat:"Auch Baustoffhändler bzw. -hersteller haften bei zugesicherten Eigenschaften."(Mehr Infos dazu)
Bedenkenhinweispflicht des Auftragnehmers
Pflicht des Auftragnehmers, spätestens vor Vertragsabschluss
bei Vorgabe definierter – möglicherweise ungeeigneter Produkte, ungeeigneter Baumaßnahmen, Gutachtenerstellungen "Bedenken" anzumelden, wenn aus der Verwendung dieser Produkte oder die Umsetzung der ausgeschriebenen Vorgaben ein späterer Mangel nicht auszuschließen ist.
· "Legen Handwerker mit ihrer Arbeit auf der Baustelle los, obwohl sie beispielsweise Bedenken bezüglich der Baumaterialien oder der Bauausführung haben, gehen sie ein Haftungsrisiko ein.
· Absichern können sie sich in solchen Fällen mit einer Bedenkenanmeldung. Wie die auszusehen hat, ist in der VOB/B geregelt– diese Regelung gilt auch für Bauprojekte, bei denen das BGB- Anwendung findet.
· Einem Baurechtler zufolge sind bei der Bedenkenanmeldung der richtige Adressat, sowie der Zeitpunkt, die Form und der Inhalt des Schreibens wichtig.
· Der Umfang der Prüfungspflicht hängt aber auch von den einzelnen Tatbeständen des § 13 Nr.3 und § 4 Nr. 3 VOB/B ab: Die Prüfungspflicht hinsichtlich der vom Auftraggeber beigestellten oder bindend vorgeschriebenen Stoffe und Bauteile ist grundsätzlich am stärksten, da der Auftragnehmer auf diesem Gebiet am ehesten die Sachkunde besitzt bzw. besitzen muss."
Die Bedenken müssen unverzüglich, schriftlich und eindeutig gegenüber dem Auftraggeber mitgeteilt werden, damit der Auftraggeber eine entsprechende Überprüfung des beanstandeten Planungsfehler, der mangelhaften Vorleistung usw. veranlassen kann. Wichtig: Die Bedenken müssen grundsätzlich vom Unternehmer selbst und jedenfalls dann gegenüber dem Auftraggeber geltend gemacht werden, wenn der von ihm eingesetzte Bauleiter sich diesen Bedenken verschließt. Es ist daher ratsam, Bedenken gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B nicht nur dem Architekten, sondern auch dem Auftraggeber durch Übersendung einer Durchschrift mitzuteilen. (Bedenkenhinweispflicht nach §4 Nr. 3 VOB/B)
Die Bedenkenanzeige ist bei Werksverträgen, die die VOB/B als Bestandteil haben, verpflichtend. Rechtsgrundlage ist §4 Absatz 3 VOB/B. Dort finden Sie folgenden Wortlaut:
§4 Absatz 3 VOB/B
“Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.”
Auch das BGB verpflichtet zur Bedenkenanmeldung.
Laut §§ 631 ff BGB hat der Auftragnehmer die Pflicht, sein Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu liefern und die Herstellung des versprochenen Werks sicher zu stellen. Daraus ergibt sich eine Bedenkenanmeldepflicht.
Ausgangslage: Verschuldensunabhängige Erfolgshaftung
Die häufig bei Auftragnehmern anzutreffende Auffassung, dass bereits ein Mangel nicht vorliege, wenn nach der Leistungsbeschreibung oder der Anordnung des Auftraggebers gebaut werde, ist bereits im Ausgangspunkt und grundsätzlich falsch. Denn es gilt die verschuldensunabhängigen Erfolgshaftung des Auftragnehmers. Nach der Systematik des Werkvertragsrechts haftet er grundsätzlich auch dann, wenn ihn an dem Mangel kein Verschulden trifft, also vom Grundsatz her auch dann, wenn die Mangelursache (auch) im Verantwortungsbereich des Auftraggebers oder eines Vorunternehmers, auf dessen Werk der Unternehmer aufbaut, liegt (BGH, Urteil vom 08.11.2007 - VII ZR 183/05).
Bei der Enthaftung des Auftragnehmers handelt es sich also um einen Ausnahmetatbestand, dessen Voraussetzungen der Auftragnehmer im Streitfall zu beweisen hat. Entsprechend findet sich für die Enthaftung in § 13 Abs. 3 VOB/B folgende Formulierung:
"Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Abs. 3 VOB/B obliegende Mitteilung gemacht." (Arge Baurecht)
Schadstoff - Gutachtenerstellung als Werkvertrag?
Handelt es sich beim Prüfauftrag um einen Werksvertrag?
Typische Anwendungsfälle für einen Werkvertrag im Sinne des BGB sind:
- Reparaturen,
- Wartungen,
- Erstellung, Einführung und Veränderung von Software,
- Herstellung von Bauwerken,
- Beförderung von Personen und Gütern,
- Herstellung unkörperlicher Arbeitsergebnisse wie Gutachten oder Baupläne. (IHK München)
In welchen Fällen muss der Auftragnehmer sein Fachwissen bereits bei der Auftragserteilung geltend machen und einen nicht ausreichenden Prüfumfang "reklamieren?"
Siehe dazu auch Suche nach qualifizierten Schadstoff- Prüfern, Instituten
Versicherung
Sehr oft wird die Frage gestellt, ob und wie sich Architekten gegen entsprechende Schadenersatzforderungen versichern können.
Ich hatten 2018 verschiedene Versicherungen um Informationen gebeten -
eine umfangreiche Antwort erhielt ich lediglich Inpignus (Versicherungsmakler und Unternehmensberatung im Bereich Risikomanagement):
"Grundsätzlich verhält es sich bei der Architektenhaftpflicht wie mit einer Privathaftpflicht. Sofern eine gesetzliche Haftung auf Schadensersatz besteht, kann dafür Versicherungsschutz geboten werden.
Bei einem Architekten dürfte es im Falle der Unbewohnbarkeit aufgrund eines Planungs-, Organisations- oder Auswahlfehlers (z.B. falsche Baustoffe ausgewählt) ganz klar eine gesetzliche Haftung geben.
Allerdings ist es auch so, dass sehr viele Versicherer für Architekten bestimmte Ausschlüsse in den Verträgen vorsehen, die den Versicherungsschutz in diesem Bereich eingrenzen können.
Um einmal ein paar bestimmte Beispiele zu nennen:
- der Architekt verursacht Schäden, während er als Generalunternehmer auftritt;
- die vertraglich geschuldete Leistung des Architekten kann nicht verwendet werden, wodurch ein Ausfall durch das „Nicht-Verwenden“ der Leistung eintritt
- der Architekt ist mit seiner Leistung im Verzug, weil er einen vorangegangen Fehler entdeckt hat und daraufhin noch korrigieren musste
Insofern ist eine tatsächlich endgültige Aussage, ob diese Situation in den Versicherungsschutz fällt oder nicht, nur im Einzelfall möglich. Um aber dennoch auf „Nummer sicher“ gehen zu können, sollte jeder Architekt seinen Berufshaftpflicht-Vertrag genaustens prüfen. Dabei sind vor allem folgende Dinge wichtig:
- Entspricht der Versicherungsschutz nach wie vor meinem Tätigkeitsfeld?
- Ist der Versicherungsschutz dem aktuellen Marktstandard angepasst worden oder handelt es sich um einen alten Vertrag mit alten Bedingungen?
- Gibt es besondere Leistungen oder Umstände, die seit dem Versicherungsvertragsabschluss hinzugekommen sind aber nie berücksichtigt wurden (z.B. neuerdings auch Lieferung von Baustoffen)?
- Passt die Versicherungssumme zu den möglichen Schäden, die ich verursachen kann?
- Habe ich Versicherungsschutz für Architektenleistungen im Privatbereich eingekauft, plane nun aber auch gewerbliche Gebäude?
- Welche Ausschlüsse muss ich im Einzelfall beachten, wenn ich Aufträge durchführe?
Um also wirklich zu wissen, inwieweit Versicherungsschutz dafür besteht oder nicht, sind viele Dinge zu berücksichtigen. In der Praxis habe ich es schon zu häufig gesehen, dass sich die versicherten Architekten darauf verlassen, nach wie vor den richtigen Versicherungsschutz zu haben. Ich kann nur jedem Architekten empfehlen, sich mit einem kompetenten und fachlich ausgebildeten Berater zusammenzusetzen und den ggf. bereits bestehenden Vertrag zu prüfen oder eine Berufshaftpflicht zu finden, die den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht wird."
Ich bedanke mich ausdrücklich für diese sehr informative Antwort!
Eine Reihe weiterer "angeschriebener Versicherungen" äußerten sich überhaupt nicht auf meine Anfrage.
Die Bundesarchitektenkammer verwies mich bei einer Anfrage an eine "Produktübersicht" der VHV Versicherungen "Archiprotect" vermutlich im Hinblick auf die Position:
"Tätigkeit als Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator nach Baustellenverordnung" - noch ungeklärt für mich ist die Frage, ob es sich dabei um den Gesundheitsschutz der Bauarbeiter - oder auch um Reklamationsfälle bei nachträglich festgestellten Verletzungen der MVV- TB beispielsweise bezüglich "unzumutbaren Belästigungen" (z.B. auch Gerüche) und Schadstoffen handelt
Beispiele der Einforderung der Architektenhaftung
"Ökokindergarten" Wallerfangen
ZDF Länderspiegel berichtet über Schadstoffe in KITA Wallerfangen – "ökologische" Kita seit Jahren wegen Schadstoffbelastung gesperrt, Sanierung des "Neubaus" sollte mindestens 550 000 Euro kosten!
Verursacher: OSB Platten führen zu TVOC Raumluftwerten von rund 13 000 µg/m³ (Empfehlung des Umweltbundesamtes: 300 µg/m³)
Pressebericht 11.01.2017 Sanierung oder Abriss?
Pressebericht 18.01.2017 ""Skandal-Kita wird abgerissen:"
"Die 1,5 Mio Euro teure Einrichtung (33 Plätze) war im September 2014 nach nur 3-wöchigem Betrieb geschlossen worden. Wegen giftiger Dämpfe wie Formaldehyd. Für 600 000 Euro sollte das Haus saniert werden.
Geht nicht! Denn auch nach der Entkernung gibt‘s noch immer zu hoch konzentrierte bedenkliche Ausdünstungen.
Trotzdem bleibt das Gebäude erst mal stehen. Zur Beweis- -Sicherung, denn die Gemeinde hat den Architekten verklagt."
Pressebericht 22.12.2017:
Gemeinde muss 1 Million Zuschuss für "Pannenkindergarten" an das Land zurückzahlen! Pressebericht
Unsere mehrfache Bitte um eine Zusendung der Prüfberichte(!) wurde uns vom Bürgermeister bis heute (01.10. 2019 - trotz Intervention des Datenschutzbeauftragten - Stichwort Umweltinformationsgesetz) mit dem nicht nachvollziehbaren Hinweis auf das noch laufende Gerichtsverfahren trotz mehrfacher Bitten verweigert.
Mit dem Stuttgarter OSB Urteil 2019 wurde den Architekten sicher ein erhöhtes Risiko beschert:
"VOC Gerichtsbeschlüsse" pro OSB Hersteller - "Falle für Architekten?"
Wartburgschule Eisenach
18.Januar 2019
Stadt fordert Schadenersatz für mangelhafte Naphthalinsanierung:
"Die Stadt Eisenach wird Schadensersatz für die Naphthalin-Sanierung der Wartburgschule im Jahr 2015 fordern. Sie sieht sich durch ein gerichtliches Gutachten in ihrer Position gestärkt, sagte der Leiter des Bau- und Umweltamtes, Arno Minas, MDR THÜRINGEN. Nach Ansicht der Stadt hätte das Architekturbüro, das die Komplettsanierung der Schule vier Jahre zuvor geplant hatte, die Altlasten erkennen können." https://www.thueringer-allgemeine.de/leben/vermischtes/eisenach-will-schadensersatz-fuer-schadstoffbelastete-schule-id225065033.htmlPressebericht
ZItat MDR: Sie sieht sich durch ein gerichtliches Gutachten in ihrer Position gestärkt, sagte der Leiter des Bau- und Umweltamtes, Arno Minas, MDR THÜRINGEN. Nach Ansicht der Stadt hätte das Architekturbüro, das die Komplettsanierung der Schule vier Jahre zuvor geplant hatte, die Altlasten erkennen können."
Haftung des Gutachters
Auch Sachverständige haben ein Haftungsrisiko
"Kommt es nun zu einer fehlerhaften Gutachtenerstellung - dies kann ja mal passieren, denn auch ein Sachverständiger ist nicht fehlerfrei - so haftet der Sachverständige nicht nur seinem Auftraggeber für den Ersatz des Schadens, sondern auch gegenüber einem Dritten, sofern dieser in den Schutzbereich des Vertrages miteinbezogen wurde. Es spielt in diesem Fall auch keine Rolle, ob und inwieweit ein Vertrauenstatbestand gegeben war oder das Vertrauen des Dritten enttäuscht wurde.
Die Haftung eines Sachverständigen erstreckt sich auf den Befund und das Gutachten. Dabei spielen die Parteien der Vertragspartner persönlich sowie auch der durch das Gutachten entstandenen Schaden eine Rolle. Der Sachverständige hat eine objektiv-rechtliche Sorgfaltspflicht auch zugunsten Dritter. Dies ist auch besonders dann der Fall, wenn ein Gutachten auch die Grundlage für die Disposition dritter Personen bilden kann oder soll.
Bei Amtssachverständigen oder auch bei Personen, die von der Verwaltung/Behörde zum Sachverständigen bestellt werden, kann auch unter Umständen nach den Regeln des Amtshaftungsrechtes Haftung entstehen. Dies ist vor allem dann er Fall, wenn eine unmittelbare Zuordnung der Tätigkeit zum entsprechenden Amtsträger möglich ist."
(Deutscher Gutachter- und Sachverständigen Verband)
Gutachten sollten ebenso wie "Prüfberichte "(sie werden häufig auch für gerichtliche Auseinandersetzungen herangezogen) gewisse formale Grundsätze beachten.
Vor der Auftragsannahme hat der Gutachter auch bereits sein Fachwissen einzubringen, und beispielsweise bei unzureichendem Prüfumfang im Auftrag nachweisbar seine Bedenken anzumelden.(Bedenkenhinweispflicht!)
Eine Suche nach gesundheitsbeeinträchtigende Schadstoffen kann sich in der Regel nicht auf VOCs- und Formaldehyd beschränken- sondern muss gebäudeindividuell (Alter, Bauweise...) auch mögliche Belastungen
wie zum Beispiel
Flammschutzmittel, Weichmacher, PFAS, Schwermetalle, Biozide und viele andere Verursacher konkreter "Beschwerden" berücksichtigen.
Zitat IHK Köln:
"Werden Messgeräte verwendet, so müssen Typ und das herstellende Unternehmen benannt werden, evtl. ist eine Angabe (Nachweis!) über die letzte Kalibrierung des verwendeten Geräts (Foto mit Gerätenummer) erforderlich. Die möglichen Messgenauigkeiten bzw. -ungenauigkeiten sind anzugeben, evtl. ist zu begründen, warum sie ausreichend sind. Wird „nur“ an ausgewählten Orten oder Geräten gemessen, ist zu begründen, warum die Messungen selektiv erfolgen und ausreichend sind." (Kapitel III, Absatz 3)
Siehe auch:
Musterstellungnahme zu Prüfberichten
kostenlose Bewertung von Prüfberichten
Zentrale Voraussetzung
Entscheidender Anknüpfungspunkt für einen Ersatzanspruch ist ein unrichtiges Gutachten. Unrichtig ist ein Gutachten insbesondere dann, wenn es von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht, etwa aufgrund einer fehlerhaften oder unvollständigen Befunderhebung. Außerdem, wenn es aus dem Sachverhalt die falschen Schlüsse zieht. (Anwalt.de)
Ersatz der Gutachtenkosten
Einklagbar sind neben dem entstanden "Schaden" auch die Gutachterkosten – wenn das Gutachten nicht auf Grund falscher Angaben des Auftraggebers unbrauchbar ist.
Wenn zur Gefährdungsbeurteilung vor Beginn baulicher Tätigkeiten Gutachter einbezogen werden, so haben auch diese ein Haftungsrisiko!
Beispiele für Gutachterhaftung
Humboldt- Schule, Rüsselsheim
"Allein die nicht eingeplanten Sanierungskosten für die Rippendecken schlügen mit 750 000 Euro extra zu Buche. Neben den maroden Decken, die in zwei der vier Trakte entdeckt worden waren, sei außerdem ein Problem mit Asbest aufgetreten, das nun Arbeitsschutz- und Sanierungsmaßnahmen verlange, die so vorher ebenfalls nicht abzusehen waren."
"Für Baustadtrat Kraft gibt es dabei einen klaren Schuldigen: die, laut Kraft, renommierte Gutachter-Firma, die einige Zeit vor dem Baubeginn damit beauftragt worden sei, eben genau solche Schwachstellen des Baus ausfindig zu machen und dabei "kläglich versagt" habe.
Er kündigte an, dass die Stadt gegen die schlampige Arbeit Rechtsmittel einlegen und auf Schadensersatz klagen werde - im Idealfall in Höhe der zusätzlich entstehenden Kosten. Die ersten Schritte in diese Richtung seien in Bezug auf die Gutachter-Firma bereits in die Wege geleitet worden."
Pressebericht, 10.09.2021 ("Noch mehr Gutachterpfusch")
Gerichtssachverständiger (?)
"Die überwiegende herrschende Meinung in der Bevölkerung geht davon aus, dass ein „Gerichtssachverständiger“ kompetenter und somit höhergestellt ist, als ein privat beauftragter Sachverständiger. Obwohl dies in Rundfunk, Fernsehen und vielen Zeitungen und Berichten immer wieder so beschrieben und verbreitet wird, ist diese Berichterstattung und das herrschende Meinungsbild falsch.
Es gibt per se keinen „Gerichtssachverständigen“. Diese Bedeutung ist nicht nur irreführend, sondern assoziiert dem Laien eine besondere Person als Gutachter, dessen Aussage ein besonderes Gewicht (hohe Bedeutung) vor Gericht hat. Dem ist aber nicht so.
Hände weg von SV, die mit solchen Begrifflichkeiten auf Kundenfang gehen.
Per Prozessordnung muss ein Gericht – wegen fehlender Sachkunde – auf Antrag einen Sachverständigen im laufenden Verfahren bestellen. Sodann handelt es sich in diesem Verfahren – und nur in diesem Verfahren – um einem vom Gericht bestellten SV. Eine anderslautende Bezeichnung ist unzulässig.
Wenn beide Sachverständige (Privat oder Gericht) im Zuge Ihrer Beauftragung gleiche Beweisfragen zu klären haben, so sollten beide Gutachter auch zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen kommen.
Ansonsten ist ggf. ein Obergutachten von Gerichtsseite zu veranlassen.
Insofern sollte also vor Beauftragung eines SV die Beweisfragen geklärt und klar definiert sein.
Anders als der privat beauftragte Sachverständige kann der vom Gericht bestellte und beauftragte Sachverständiger per Beschluss (z.B. Ablehnung wegen Befangenheit, Obergutachten) ersetz werden. Der Privatgutachter ist insofern nicht ersetzbar.
In der Vergangenheit wurde durch die herrschende Rechtsprechung das Privatgutachten erheblich gestärkt. Insbesondere kann der sachverständige Zeuge – als Beweismittel – für eine beantragte Vernehmung nicht abgelehnt werden und muss gehört werden, außer, das Beweismittel würde sich als untauglich oder nicht Entscheidungsrelevant herausstellen".
Textquelle "Sachverständigengemeinschaft Saarland"
Siehe auch "Suche nach Gutachtern" und "wie finde ich den richtigen Sachverständigen"
Wie wird man öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger?
Öffentlich bestellter Sachverständiger wird man in einem förmlichen Verwaltungsverfahren - mit einem Antrag bei der IHK mit Hilfe von Formblättern, einem im Einzelnen vorgeschriebenen Verfahrensablauf, bis hin zu einem Verwaltungsakt (Bestellung oder die Ablehnung), der vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar ist. (Textquelle)
Der Titel ist aber kein Freibrief für Gefälligkeitsgutachten und kann gegebenenfalls auch wieder abgesprochen werden.
Die Handelskammern fordern auch einen klaren Aufbau eines schriftlichen Sachverständigengutachtens bezüglich Umfangs und Dokumentation.
Zitat:
"Nach der Dokumentation der erhobenen Daten folgt die sachverständige Beantwortung der Fragestellung. Bei mehreren Fragestellungen kann es sinnvoll sein, die Dokumentation und Beantwortung jeder einzelnen Frage zusammenzufügen. Zunächst erfolgt die Auswertung der relevanten Daten und die daraus resultierende Schlussfolgerung. Berechnungen und Beurteilungsgrundlagen sollen ebenfalls genannt werden. Daran schließt sich eine Gegenüberstellung des Soll- und Ist-Zustandes und die Darstellung der Differenz an. Notwendige Handlungen, Angaben zur Verantwortlichkeit und zu Wegen der Mängelbeseitigung gehören ebenso dazu wie die dadurch entstehenden Kosten."
Frage nach "erforderlichen" Untersuchungen
Zu hinterfragen ist bei Gutachten auch immer, der tatsächlich erforderliche Umfang von Untersuchungen und deren Kosten.
Nicht akzeptierbar sind Gutachten, bei denen versucht wird, "seitens des Gutachters unerwünschte Ergebnisse" von ihm beauftragter Labors beispielsweise nachträglich durch weitere Untersuchungen zu widerlegen, um so die Gesamtkosten zu erhöhen und "gewünschte Ergebnisse" zu erzielen.
Die Sinnhaftigkeit bzw. Notwendigkeit von Untersuchungen sollte unbedingt belegbar sein und überhöhte Gutachterkosten notfalls auch vor Gericht hinterfragt werden, bei nachweisbar nicht gerechtfertigten überhöhten Kosten der Gutachter auch zur Verantwortung gezogen werden.
Immobilienbewertungen
Sowohl der Makler, als auch der Ersteller einer "Verkehrswertermittlung" unterliegt einer entsprechenden Haftung, wenn wesentliche - allgemein "bekannte Positionen" einer Wertminderung nicht berücksichtigt werden. Dies betrifft unter anderem auch die inzwischen "allgemein bekannten", häufig nachträglich festgestellten "Geruchsbelastungen bei Fertighäusern der 60er, 70er oder 80er Jahre", die in manchen Fällen den tatsächlichen Immobilenwert auf den Grundstückwert abzüglich der Abrisskosten reduzieren.
Grundsätzlich sind bei einer seriösen Bewertung einer Bestands- Immobile die möglichen "Gesundheitsrisiken" (treten in manchen Fällen auch bei Neuimmobilien auf) durch Schadstoffe und weitere Belastungen zu berücksichtigen!
Andernfalls ist natürlich ausdrücklich im Gutachten darauf hinzuweisen, dass diese Aspekte des "Gebäudewertes" nicht in die Bewertung eingeflossen sind.(Fehlende "wohngesundheiltiche Beurteilung")
Immobilienkäufer und Banken sollten daher "Immobilienbewertungen" ohne glaubwürdiger Berücksichtigung dieser Risiken nicht als Entscheidungsgrundlage heranziehen.
"Unabhängige Gutachter?"
Im Zusammenhang mit einem beispielgebend positiven Urteil bezüglich "Berufskrankheit - Anerkennung" trotz Einhaltung der MAK Werte
findet sich ein ein vielsagendes Kommentar zur Frage "Unabhängige Gutachter"
Zitat
"Unabhängige Gutachter der Berufsgenossenschaften?
Objektive Beurteilungen durch die für die Berufsgenossenschaften (BG) tätigen Gutachter*innen, die überwiegend allein anhand der Aktenlage erfolgen, sind kaum leistbar.
Auch stellt sich die Frage nach der Neutralität der für die BG tätigen Gutachter*innen und ärztlichen Berater*innen. Dies vor allem deshalb, da sie Aufträge von immer denselben Auftraggebern bekommen und dafür auch bezahlt werden.
Voraussetzung für eine sachgerechte Schadenregulierung sind objektive und neutrale Gutachten. Dies aber setzt eine Unabhängigkeit der Gutachter*innen voraus, die aber zu bezweifeln ist. Denn, wer wirtschaftlich von seinen Auftraggebern abhängig ist, der wird kaum in der Lage sein, objektive und unabhängige Gutachten erstellen.
Es kann nicht verwundern, dass im Hinblick auf die Abhängigkeit der für die Berufsgenossenschaften tätigen Gutachter*innen/ärztlichen Berater*innen einem schnell das Sprichwort
"Wes Brot ich ess des Lied ich sing"
in den Kopf kommt.
Begrüßenswerte Entscheidung des SG Karlsruhe!
Die Entscheidung des SG Karlsruhe ist mehr als erfreulich. Nachdem das Gericht zunächst Auskünfte der die Klägerin behandelnden Ärzte einholte, die dafür sprachen, dass eine Berufskrankheit vorliegen könnte, hat im Auftrag des erkennenden Gerichts von Amts ein Internist und Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Arbeitsmedizin ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet.
Hier dürfte es sich um einen Gutachter gehandelt haben, der frei von welchen Verbindungen auch immer zur beklagten Berufsgenossenschaft gewesen sein dürfte." Textquelle dgb Rechtsschutz
Siehe auch
Empfehlungen für Gutachtertermine
Sachverständige bei Umwelterkrankungen
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einer Entscheidung (Beschluss vom 22.7.2010 BVerwG 2B 128.09) mit den Pflichten von Gericht und bestelltem (medizinischen) Sachverständigen auseinandergesetzt. Urteil com 22.07.2010 BVerwG 2 B 128.09
"Begründet ist die Verfahrensrüge, soweit der Kläger geltend macht, das vom Sachverständigen Prof. Dr. T. erstellte und in der mündlichen Verhandlung erläuterte Gutachten habe nicht ausgereicht, um dem Berufungsgericht die Sachkunde zu vermitteln, die für die Entscheidung über den Klageantrag erforderlich ist (§ 86 Abs. 1 VwGO)".
"Die gerichtliche Aufklärungspflicht ist verletzt, wenn sich das Gericht bei der nach seiner Rechtsauffassung erforderlichen Klärung einer entscheidungserheblichen Frage mit einem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten begnügt, das objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt."
Gefährdungsbeurteilung
1.1 Pflicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung
Vielen Firmen und Auftraggebern ist nach wie vor nicht bekannt, dass die Erstellung einer dokumentierten Gefährdungsbeurteilung verpflichtend ist.
Grundsätzlich muss vor baulichen Maßnahmen, Abriss- Sanier- und Renovierungsarbeiten eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, um gesundheitliche Risiken vor allem auch durch Altlasten (Asbest, PAK, PCB, Holzschutzmittel und viele andere: siehe dazu "Gefährdungsfaktoren", Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) möglichst auszuschließen.
Die BG Bau bietet dafür für jedes Gewerk entsprechende "Kurz-Handlungshilfen" an, die sich in der Regel natürlich auch sehr stark mit dem Thema "Gefährdung durch Gefahrstoffe" auseinandersetzen.
Dies betrifft sowohl Arbeiten mit Produktgruppen wie Dämmstoffe, Bauplatten, Dichtstoffe Bodenbeläge- vor allem aber auch alte Bodenbeläge und Bodenbelagskleber.
Gefährliche Stäube beziehen sich nicht nur auf Asbest (siehe hier auch Kapitel 7 der EGGBI-Publikation "Asbest"), sondern auch auf alle weiteren möglichen Schadstoffe und Altlasten in Gebäuden wie Schwermetalle, Arsen (unter anderem in alten Lacken und Wandfarben), PAK,(vor allem in alten Klebern) PCB, Weichmacher, Holzschutzmittel, KMF, Flammschutzmittel u.v.a. –
siehe dazu Gesundheitsrisiken in Gebäuden
Hinweis der Verbraucherzentrale:
"Der Auftragnehmer, z.B. ein Handwerksunternehmen, hat nach § 6 der Gefahrstoffverordnung eine Ermittlungspflicht und muss auf dieser Grundlage eine Gefährdungsbeurteilung für seine ausführenden Mitarbeiter erstellen. Sprechen Sie sich im Hinblick auf die Asbesterkundung daher vorher mit dem Auftragnehmer ab". Textquelle
Mehr dazu:
Dies betrifft eine Untersuchung nach folgenden Gesichtspunkten:
1. gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Gemische, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen,
2. Informationen des Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt,
3. Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse der Messungen und Ermittlungen nach § 7 Absatz 8 zu berücksichtigen,
4.Möglichkeiten einer Substitution,
5.Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge,
6.Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
7.Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,
8.Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.
1.1.1 Die wesentlichen Aspekte der Gefährdungsbeurteilung
Mit Beachtung dieser Aspekte durchlaufen Sie den Prozess der Gefährdungsbeurteilung wie vom Arbeitsschutzgesetz und anderen gesetzlichen Vorschriften vorgesehen. Informationen der baua
Siehe auch: 7 Schritte der Gefährdungsbeurteilung
1.2 Pflicht einer schriftlichen Dokumentation
Zitat:
"Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren. Konkretisiert wird die Vorgehensweise zur Ableitung der Gefährdung und der daraus resultierenden Maßnahmen in der Technischen Regel Gefahrstoffe (TRGS 400)."
baua ("Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin")
1.3 Arbeitsschutzgesetz und Gefährdungsbeurteilung
Die Forderung des Arbeitsschutzgesetzes eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, ist für Gefahrstoffe in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) verankert.
Beurteilt werden Gefährdungen durch Einatmen, Hautkontakt und durch Brand und Explosionen.
1.4 Schutz der Umwelt, Gesundheit auch "Dritter"
Die Gefährdungsbeurteilung dient nicht nur dem Arbeitsschutz – sondern darüber hinaus dem allgemeinen Schutz von Umwelt, Gesundheit auch Dritter!
Zitat:
"Die Gefährdungsbeurteilung ist abgeschlossen, wenn Ersatzlösungen geprüft, die erforderlichen betrieblichen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten und Dritter sowie das Verfahren zur Wirksamkeitsüberprüfung festgelegt sind." baua ("Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin")
1.5 Schulen, Kitas, Anrainer – Anspruch auf Schutz
Anrainer, aber auch Eltern von Kindern, an deren Schulen in unmittelbarer Nachbarschaft Bau- oder Abrisstätigkeiten mit starker Staubentwicklung stattfinden empfehle ich,
das Umwelt- und das Gesundheitsamt zu informieren - mit Bezugnahme unter anderem auf
DGUV Regel für Abbruch:
Die Abbruchanweisung dokumentiert gegenüber dem Bauherrn, dem Planer bzw. der Planerin, dem bzw. der SiGeKo und den Behörden die Wahl eines geeigneten Abbruchverfahrens sowie die Einhaltung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, des Umweltschutzes und der Entsorgungsvorschriften. Textquelle
Stadt (Umwelt- und Gesundheitsbehörde sind für Umwelt- und Gesundheitsschutz – und damit für die Überprüfung entsprechende Einhaltung diesbezüglich bestehender Gesetze ebenso wie das Ordnungsamt, Gewerbeaufsicht verantwortlich).
1.6 Informationspflicht
Bei öffentlichen Aufträgen steht damit auch der Auftraggeber in der Pflicht, diese Unterlagen als Bestandteil der Baudokumentation zu verlangen - und
Verbraucher haben im Rahmen des Umweltinformationsgesetzes
Anspruch auf Prüfung dieser Unterlagen – einzufordern beim öffentlichen Auftraggeber (Baudokumentation) oder bei den genannten Behörden bei berechtigtem Verdacht auf Schadstoffbelastung der Umgebung (z.B. Fotos/Filme der Staubentwicklung).
1.7 Folgen unterlassener Gefährdungsbeurteilung
Die Lehrergewerkschaft GEW Rheinland Pfalz verweist in einer Publikation auf die Bedeutung der "Gefährdungsbeurteilung" bei allen baulichen Tätigkeiten in Schulen.
Zitat:
Die Gefährdungsbeurteilung ist die Grundlage aller zielgerichteten Arbeitsschutzmaßnahmen“. Auch Mängel wie fehlende Geländer und bröckelnde Wände können gefährlich werden. Die Arbeitssicherheit gefährden auch Lärm, Chemiebelastung, Schadstoffe oder defekte Stromleitungen. (Seite 6 GEW- Zeitung 12/2019)
Der Verzicht auf eine Gefährdungsbeurteilung kann nicht nur strafrechtliche Folgen nach sich ziehen, wenn während der Bau- oder Abrisstätigkeit Menschen zu gesundheitlichem Schaden kommen -
nachträglich entstehende Mehrkosten können auch zu massiven wirtschaftlichen Schäden führen!
Auftraggebern empfehle ich, bereits bei der Angebotseinholung mögliche Mehrkosten bei erst nachgelagerter "Gefährdungsbeurteilung" zu berücksichtigen -
wenn sich die Anbieter nicht bereit erklären, bereits vor Auftragserteilung eine solche zu erstellen und vorzulegen, selbst eine solche zu beauftragen, um spätere "unliebsame" Überraschungen in Form von erforderlichen Nachtragsaufträgen zu vermeiden.
Siehe dazu auch "Textbausteine für Ausschreibungen".
Vor allem bei öffentlichen Projekten (Schulen, Kitas) ist es sinnvoll, bei Förderanträgen solche möglichen Mehrkosten bereits zu berücksichtigen. Zugesagte Förderungen werden in der Regel bei nachträglichen Mehrkosten nicht mehr "aufgestockt".
Das Risiko aus Schadstoffbelastungen resultierender Mehrkosten (Sonderabfall, verschärfter Arbeitsschutz...) müsste jedem Planer, Bauamt... ausreichend bekannt sein!
Für gesundheitliche Schäden durch Missachtung der Gefahrstoffverordnung kann der ausführende Betrieb für Personen- und Sachschäden verantwortlich gemacht werden.
Verschweigen bereits "bekannter" Risiken oder Prüfungs- Ergebnisse bei der Angebotsabgabe:
Sollte einem Unternehmen nachgewiesen werden können, dass zu erwartende Mehrkosten aus der Kenntnis von Gebäudealter, Bauweise, verwendeten Materialien, (auch möglicherweis bereits erfolgten Gefährdungsbeurteilungen) bereits zu erwarten waren,
dies aber in der Angebotsabgabe nicht berücksichtigt wurde, um den Auftrag zu erhalten - in der Erwartung, bereits absehbare Mehrkosten über einen "Nachtragsauftrag" erstattet zu kommen, so ist sicher von einer bewussten "Täuschung" zu sprechen, die auch anwaltlich geprüft werden sollte.
Zitat: "je umfangreicher die Leistungsbeschreibung ausfällt, umso kleiner ist der Spielraum für eventuelle Nachträge" (Bau- Nachtrag)
und damit beispielsweise auch nicht ausreichender beantragter und bewilligter Fördermittel.
1.7.1 Unkalkulierbare Kosten – Schadenersatzforderungen
Welcher Schaden einem Unternehmen - einer Kommune widerfahren kann, wenn auf eine rechtzeitige Gefährdungsbeurteilung (vor Abgabe eines Angebots, eines Förderantrages...) leichtsinnigerweise verzichtet wird, ist ersichtlich aus einem Beispiel - Abriss einer Schule in Halbershausen.
Pressebericht: 100.000 Euro Schaden für die Kommune
1.8 Gefährdungskatalog - Gefährdungsbeurteilung
Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie bietet seit 2020 einen "Gefährdungskatalog Vision Zero"
für eine "Welt ohne Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen".
1.9 Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Asbest
Informationen bietet dazu die
Leitlinie für Asbesterkundung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
1.10 dazu ein ergänzender aktueller Hinweis
Handwerkszeitung, Mai 2022 "Bauherren müssen Handwerker warnen"
Neue Gefahrstoffverordnung soll Schutz vor Asbest verbessern
Die Gefahrstoffverordnung regelt den Umgang mit asbesthaltigen Baustoffen und wie Handwerker davor geschützt sind. Die aktuelle Fassung ist jedoch veraltet. Sie nimmt nicht in den Blick, dass Asbest in viel mehr Bauprodukten steckt, als bis vor ein paar Jahren gedacht. Nun wird die Gefahrstoffverordnung überarbeitet. Das sieht die Neufassung vor.
Schon jetzt gibt die Gefahrstoffverordnung vor, welche Anforderungen im Umgang mit Asbest zu beachten sind. Aber sie nimmt eben noch keinen Bezug darauf, dass Asbest auch in viel mehr Bauprodukten enthalten sein kann als bisher gedacht. So kann es auch bei Arbeiten in Bestandsbauten mit "alten" Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern oder Fensterkitten zur Freisetzung von Asbestfasern kommen.
"Eine der wichtigsten Änderungen ist, dass die novellierte Gefahrstoffverordnung künftig Informations- und Mitwirkungspflichten des "Veranlassers" von Bautätigkeiten vorsieht." Das bedeutet, dass künftig der Bauherr, die Bauherrin oder der Auftraggeber/-in ermitteln muss, ob in dem jeweiligen Gebäude Asbest oder andere Gefahrstoffe vorhanden sind. So soll sichergestellt werden, dass die Handwerksbetriebe schon bevor sie ihre Arbeit aufnehmen über eventuell vorhandene Gefahrstoffe informiert sind und entsprechend agieren können.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) rechnet, abhängig davon, wie sich der weitere Gesetzgebungsprozess hinzieht, mit einem Inkrafttreten der Verordnung im Herbst 2022 oder zu Beginn des kommenden Jahres. (Deutsche Handwerkszeitung).
Damit wird spätestens ab Inkrafttreten dieser neuen Verordnung auch eine noch höhere Mitwirkung als bisher (siehe dazu Kapitel 15 "Pflichten des Auftraggebers" der Zusammenfassung "Rechtliche Grundlagen für Wohngesundheit") des Bauherrn/ Auftraggebers bei der Erstellung der "Gefährdungsbeurteilung" gefordert werden.
Pflichten des Auftraggebers - Gefahrenermittlung
Auch für den Auftraggeber gibt es "Pflichten" bezüglich der Erkundung von möglichen Gefahren – Altlasten bei allen Arten von Aufträgen für bauliche Tätigkeiten.
Geregelt werden dies durch die DGUV Regel 101-004 (bisher BGR 128).
Einige Auszüge aus diesen Regeln:
"Erkundung, Ermittlung und Dokumentation von Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen"
Unterschieden wird dabei zwischen
Bereichen mit unbekannten Belastungen (Abschnitt 8.1.)
"Vor dem Beginn von Arbeiten in Bereichen, in denen eine Kontaminierung nicht ausgeschlossen werden kann, hat der Auftraggeber eine Erkundung der vermuteten Gefahrstoffe bzw. biologische Arbeitsstoffe und eine Abschätzung der von diesen im Sinne der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes möglicherweise ausgehenden Gefährdung vorzunehmen oder durchführen zu lassen. Er hat die Ergebnisse dieser Erkundungen zu dokumentieren und allen Auftragnehmern nach Abschnitt 2 Nr. 7 zur Verfügung zu stellen…"
Bereichen mit bekannten Belastungen (Abschnitt 8.2.)
"Bei Arbeiten in Bereichen mit bekannten Belastungen, hat der Auftraggeber Ermittlungen über Art, Menge und Zustand der erwarteten Gefahrstoffe bzw. über Art und Ort des Auftretens der biologischen Arbeitsstoffe sowie das Gefahrenpotential der anzutreffenden Belastungen im Sinne des Arbeits- und Gesundheitsschutzes vorzunehmen oder durchführen zu lassen. Er hat die Ergebnisse dieser Ermittlungen zu dokumentieren und allen Auftragnehmern zur Verfügung zu stellen.
Die nach Umweltgesichtspunkten durchzuführende Gefährdungsermittlung ist entsprechend Abschnitt 8.1 hinsichtlich des Gefährdungspotentials der angetroffenen Belastungen zu ergänzen…"
Gefordert wird ein
Arbeits- und Sicherheitsplan (Abschnitt 8.3.)
"Die Ergebnisse der Erkundungen nach Abschnitt 8.1 oder der Ermittlungen nach Abschnitt 8.2 hat der Auftraggeber unter Berücksichtigung
· der in Betracht kommenden oder vorgesehenen Arbeitsverfahren
und
· der Belange der Sicherheit, des Gesundheits- und Nachbarschaftsschutzes[1]
für den Auftragnehmer in einen Arbeits- und Sicherheitsplan umzusetzen. Der Arbeits- und Sicherheitsplan sollte Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen sein…"
Urteil zur Gefahrenermittlung:
LG Stralsund, Urteil vom 12.04.2005 - 3 O 73/03
"Es ist Sache des öffentlichen Auftraggebers, vor der Ausschreibung die Frage einer Schadstoffbelastung aufzuklären oder bei überraschendem Auftreten von Schadstoffen den Auftrag entsprechend zu erweitern."
Die Pflichten des Auftragnehmers nach der Gefahrstoffverordnung und Biostoffverordnung bleiben davon unberührt, insbesondere die Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung. Der Arbeits- und Sicherheitsplan des Auftraggebers liefert die hierzu notwendigen Kenntnisse und Grundlagen.
Zitat: "Davon bleibt aber die Eigenverantwortung der Auftragnehmer für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich unberührt. Es gelten die entsprechenden Bestimmungen der Gefahrstoffverordnung."
"Untätigkeitsbeschwerde" gegen Behörden und Gerichte
Behörde
Bei Missachtung von MVV-TB bzw. der Landesbauordnung im Rahmen von baulichen Maßnahmen, sind die entsprechenden Behörden (Ordnungsamt, Baubehörde, Gesundheitsamt, Immissionsschutzbehörde) verpflichtet, entsprechende Anzeigen zu verfolgen, gemeldete Missstände mit "geeigneten Mitteln[1]" zu untersuchen.
Sollte es den Behörden an geeigneter Fachkompetenz (Gutachter, Prüfgeräte…) mangeln, so sind dafür qualifizierte "Fachleute" zu beauftragen.
"Das Rechtsstaatsprinzip umfasst auch die Verpflichtung der Verwaltung oder der Gerichte, über Anträge zeitnah zu entscheiden bzw. strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit gerichtlich zu klären. Geschieht dies nicht, kann sich der Betroffene mittels sogenannter Untätigkeitsbeschwerde wehren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Untätigkeit auf Willkür beruht, es somit keinen sachlichen Grund dafür gibt. Gesetzlich herleiten lässt sich die Beschwerde aus Art. 6 Europäische Menschenrechtskonvention."
Gericht
"Bleibt ein Gericht ohne sachlichen Grund völlig untätig oder wird eine gerichtliche Entscheidung ungewöhnlich lange verzögert, besteht für Betroffene die Möglichkeit, eine Untätigkeitsbeschwerde gegen das Gericht einzulegen.
Eine gesetzliche Regelung findet sich für die Untätigkeitsbeschwerde indes nicht, die Möglichkeit sie einzulegen wurde aber durch das OLG Düsseldorf im Jahr 2009 mittels Beschlusses bestätigt. Die Zulässigkeit dieses Rechtsbehelfs könne aus den §§ 567 ff. ZPO hergeleitet werden.
Begründet sei die Untätigkeitsbeschwerde insbesondere, wenn die Untätigkeit des Gerichts auf Willkür zurückzuführen ist und der Verfahrensstillstand auf keinem sachlichen Grund beruht.
JuraForum.de-Tipp: Ein solcher sachlicher Grund wäre etwa gegeben, wenn die zu verhandelnde Sache einen besonderen Umfang hat oder mit einer außergewöhnlichen Problemstellung einhergeht."
Quellenangabe: "Juraforum – Untätigkeitsbeschwerde"
[1] "Geeignete Mittel" – es reicht nicht ein "Gefälligkeitsgutachten" – gerade bei Messungen ist nachzuweisen, dass der Prüfer über eine entsprechende Qualifikation verfügt, der Prüfumfang umfassend ermittelt wird und die Durchführung entsprechend aktuellem Stand der Technik und Normen durchgeführt wird. (Suche nach Prüfern/Instituten). Im Sinne einer allgemeinen Akzeptanz der Ergebnisse sollte der Gutachter und der Prüfumfang einvernehmlich mit dem Beschwerdeführer gesucht und ermittelt werden.
Mietrecht
Das Mietrecht bietet eine Menge von Ansatzpunkten, um Ansprüche auf eine gesundheitlich unbedenkliche Wohnung durchzusetzen – ein Problem ist dabei aber stets die Frage des Nachweises, dass tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung vorliegt.
1.1 Die Gesundheitsgefährdung im Mietrecht
Sofern die Mieträume so beschaffen sind, dass die Benutzung (-das darin wohnen) mit einer erheblichen Gefährdung (näheres dazu siehe unten) der Gesundheit verbunden ist, stehen dem Mieter folgende Rechte zu:
1.1.1 Kündigung des Mietvertrages
ohne Einhaltung einer besonderen Frist (fristlos) § 569 Abs 1 BGB. Das können mehrere Tage oder auch Wochen sein, wenn der Mieter etwas Zeit für die Beschaffung einer Ersatzwohnung benötigt. Allerdings kann eine treuwidrige Verzögerung zum Verlust des Kündigungsrechtes führen. Das Kündigungsrecht kann nicht beschränkt werden. Es steht dem Mieter selbst dann noch zu, wenn er die Gesundheitsgefährdung beim Einzug gekannt hat, oder auf die Kündigungsmöglichkeit verzichtet hat § 569 Abs 1 Satz 2 BGB. Der Grund liegt darin, dass man häufig die konkrete Gesundheitsgefährdung anfänglich falsch einschätzt. Erst wenn man dauerhaft in der Wohnung wohnt, und damit ständig konfrontiert wird, spürt man das Problem.
Das Kündigungsrecht gilt für alle Räume, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Neben Wohnungen also auch für Büros, Läden, Werkstätten usw.
1.1.2 Mietminderung
§ 536 BGB: Der Anspruch besteht nur, wenn der Mieter die Gesundheitsgefährdung bei Vertragsabschluss nicht gekannt hat, oder ihm die bestehenden Mängel aufgrund grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sind. Etwas anderes gilt nur, wenn der Vermieter die vorhandene Gesundheitsgefahr arglistig verschwiegen hat. § 536 b BGB.
1.1.3 Kündigung des Mietvertrages
§ 536 i.V.m. § 816 BGB: Ist dem Mieter der Sachmangel ( zum Beispiel die Tatsache, dass die Nachtspeicheröfen Asbest in die Raumluft abgeben können) verborgen geblieben, so kann zuviel bezahlte Miete zurückgefordert werden. (AG Hof, Urteil vom 4. April 1997, Az: 15 C 2065/95 )
1.1.4 Schadensersatz
Hat der Mieter infolge einer erheblichen Gesundheitsgefährdung zurecht gekündigt, so kann er auch Ersatz derjenigen Kosten verlangen, die ihm durch den Auszug entstanden sind. Z.B. Umzugskosten, Kosten für neue Teppichböden und Gardinen, Maklerprovisionen, Zeitungsanzeigen, Renovierungskosten oder auch Anwaltskosten. Der Anspruch besteht nicht, wenn der Mieter den Mangel bei Vertragsabschluß gekannt hat (siehe oben wie Mietminderung).
Siehe dazu auch Zusammenfassung "Gerichtsurteile"
Quelle und weitere Erläuterungen dazu: "Mietrecht-Lexikon"
Trinkwasserverordnung
Anforderungen an die "gesundheitsrelevante Qualität" von Trinkwasserleitungen stellt auch die
Trinkwasserverordnung - TrinkwV 2001
§ 17 Anforderungen an Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser
(1) Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser sind mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu planen, zu bauen und zu betreiben.
(2) Werkstoffe und Materialien, die für die Neuerrichtung oder Instandhaltung von Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser verwendet werden und Kontakt mit Trinkwasser haben, dürfen nicht
1. den nach dieser Verordnung vorgesehenen Schutz der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar mindern,
2. den Geruch oder den Geschmack des Wassers nachteilig verändern oder
3. Stoffe in Mengen ins Trinkwasser abgeben, die größer sind als dies bei Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unvermeidbar ist.
Der Unternehmer und der sonstige Inhaber von Anlagen für die Gewinnung, Aufbereitung oder Verteilung von Trinkwasser haben sicherzustellen, dass bei der Neuerrichtung oder Instandhaltung nur Werkstoffe und Materialien verwendet werden, die den in Satz 1 genannten Anforderungen entsprechen.
Literaturquelle (Seite 14)
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Strahlenschutzgesetz
gültig ab 31.12.2018
Regelungen, Referenzwerte im Hinblick auf die Radonbelastung in Innenräumen und an Arbeitsplätzen.
Mehr Infos dazu mit den wesentlichen Passagen bezüglich Wohngesundheit in unserer Schriftenreihe, Zusammenfassung
Radonbelastungen in Gebäuden (Kapitel 9: Richtwerte- Referenzwerte)
Link zum
Bundesgesetzblatt Strahlenschutzgesetz und
"Gesetz zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung"
Siehe auch Entwurf zur Modernisierung der Strahlenschutzverordnung (Mai 2018)
Gesetzliche Vorgaben und Empfehlungen in Österreich
Für die Innenraumluft ist vor allem die OIB Richtlinie 3: Hygiene, Gesundheit, Umweltschutz relevant. In den Bundesländern, in denen die OIB Richtlinie 3 in die jeweiligen Bauordnungen übernommen wurde (dies sind mittlerweile fast alle in Österreich), sind die entsprechende Vorgaben zu beachten und umzusetzen. Details findet man in den Erläuterungen zur OIB Richtlinie 3.
8 Schutz vor gefährlichen Immissionen
8.1 Schadstoffkonzentration Aufenthaltsräume sind so auszuführen, dass gefährliche Emissionen aus Baumaterialien und aus dem Untergrund bei einem dem Verwendungszweck entsprechenden Luftwechsel nicht zu Konzentrationen führen, die die Gesundheit der Benützer beeinträchtigen können. Dies gilt für Baumaterialien jedenfalls als erfüllt, wenn Bauprodukte bestimmungsgemäß verwendet werden, die die landesrechtlichen Vorschriften über Bauprodukte erfüllen.
Hier sehen wir allerdings ein Auslegungsproblem, da aus unserer Erfahrung "zugelassene Produkte" keineswegs immer ausreichend schadstoffgeprüft sind - eine Zuordnung bei Raumluftproblemen in der Folge unter Umständen sehr aufwändige Auseinandersetzungen zwischen Bauherrn und Herstellern mit sich bringen kann. Auch diverse Gütezeichen stellen hier keine ausreichende "Garantie" dar.
Hinweis zu Bewertungsrichtlinien
Zur Bewertung von Immissionskonzentrationen kann die "Richtlinie zur Bewertung der Innenraumluft", herausgegeben als lose Blattsammlung vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, herangezogen werden.
Weitere Informationen finden Sie in einer Zusammenfassung von raumluft.org
Bestimmungen für den Gesundheitssschutz am Arbeitsplatz
Der Anspruch auf eine "gesunde Raumluft" ergibt sich nicht nur aus der gesetzlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers sondern auch aus der ökonomischen Überlegung des wirtschaftlichen Aspekts nachweisbaren Leistungsabfalles bis hin zu Krankheitstagen bei Schadstoffbelastungen am Arbeitsplatz. (Beispiel)
Auszug aus:
Fürsorgepflichten des Arbeitgebers zum Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers
„Der Arbeitgeber ist im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses zum Schutz von Leben und Gesundheit der für ihn tätigen Arbeitnehmer verpflichtet. Sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Arbeitsschutzbestimmungen sind dabei zu beachten
Baustellen ohne Gerüst oder Hantieren mit Gefahrstoffen ohne Schutzhandschuhe sind massive Gefährdungen der Arbeitnehmer. Doch auch mit weniger Spektakulärem, etwa ungenügender Lüftung bei Druckerstaub, mangelhafter Beheizung der Arbeitsräume oder Hygienemängeln, verletzt der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht.
Öffentlich-rechtliche Vorgaben für die Ausübung der Fürsorgepflicht ergeben sich insbesondere aus folgenden Rechtsquellen:
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG),
- Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG),
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und
- Unfallverhütungsvorschriften.
Welche privatrechtliche Schutzbestimmungen gelten?
"Privatrechtliche Vorgaben, die letztlich aus der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht resultieren, macht § 618 BGB. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber
- Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und
- Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln,
dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, wie die Natur der Dienstleistung es gestattet. Dabei sind selbstverständlich auch die öffentlich-rechtlichen Vorgaben zu beachten. Der Arbeitgeber hat darüber hinaus grundsätzlich auch einer gesundheitsschädigenden Überanstrengung der Arbeitnehmer entgegen zu wirken."
Fürsorgepflichten des Arbeitgebers
EGGBI empfiehlt Unternehmern und Betriebsräten bei der Neuerrichtung von Arbeitsräumen oder deren Sanierung ebenso wie beispielsweise bei der Anschaffung von Bürocontainern bereits im Vorfeld auf eine schadstoffgeprüfte Ausführung aller baulichen Maßnahmen und Anschaffungen zu achten.
Auszug aus § 5 Arbeitsschutzgesetz: Beurteilung der Arbeitsbedingungen
(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit.
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/arbst_ttv_2004/gesamt.pdf
Die Arbeitsstättenverordnung legt fest, was der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten in Bezug auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu beachten hat.
Geregelt werden z.B. Anforderungen an Arbeitsräume, Pausen-, Bereitschafts- und Sanitärräume, Beleuchtung, Belüftung und Raumtemperatur.
§ 3a Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten
(1) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten ausgehen.
(2) Wer durch eine in Absatz 1 bezeichnete vorsätzliche Handlung das Leben oder die Gesundheit von Beschäftigten gefährdet, ist nach § 26 Nummer 2 des Arbeitsschutzgesetzes strafbar.
Durch entsprechende Berücksichtigung dieser Vorschriften bei Planung baulicher Maßnahmen von Betriebsstätten, Schulen, Kitas (auch Lehrer sind entsprechend Arbeitnehmer)
können oft spätere kostenintensive Auseinandersetzungen mit Betriebs- und Personalräten vermieden werden.
Schadstoffbelastungen in Schulen und Kitas
Schadstoffbelastungen am Arbeitsplatz
Gerichtsbeschlüsse bezüglich VOC Grenzwerte für Holzwerkstoffe ("OSB Urteil")
"VOC Gerichtbeschluss pro OSB" Hersteller - "Falle für Architekten?"
Angeblich "unanfechtbare" Beschlüsse vom 10.07.2019 des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg haben Teile der technischen Baubestimmungen für "voraussichtlich nicht rechtens" erklärt. Pressebericht 26.07.2019 (und auch Holz-Zentralblatt vom 26.07.2019)
Bestätigt wurde dieses Urteil zwischenzeitlich am 07.10.2020 im Hauptsacheverfahren.
Siehe dazu eco-Institut news
Es geht um Anforderungen bezüglich VOC Emissionen von Holzwerkstoffen, die für OSB Platten offenbar (nunmehr auch eingestanden) ein massives Problem darstellen:
Zitat: "Die Antragstellerinnen fürchten um die Verkehrsfähigkeit ihrer OSB-Platten, da sie die vorgegebenen Werte jedenfalls nicht vollständig einhalten könnten, was unter Inkaufnahme nicht unerheblicher Umsatzeinbußen eine aufwändige Umstellung ihrer Produktion und Lagerung bedingen würde." Textquelle VGH
Die Beschlüsse, die laut Pressemeldung von 2 namhaften OSB Plattenherstellern (lt. Holz- Zentralblatt: Kronospan, Swiss Krono) angestrebt und durchgesetzt wurdn, werden seitens der OSB Plattenhersteller, aber auch des Verbands der deutschen Holzwerkstoffindsustrie als großer Erfolg gefeiert!
Ich sehe dabei als Verlierer die Architekten und Holzhausbauer!
Ohne verbindliche Informationen zum Emissionsverhalten dieser Produkte, werden diese damit doch weiterhin allein dem Risiko ausgesetzt,
(mangels entsprechender Informationspflichten zu den genannten Holzwerkstoffen) nicht erwägen zu können, ob und wieviel „Masse“ eines solchen Produktes eingebracht werden kann/ darf,
um nicht im Falle „unzumutbarer Belästigungen" (auch übermäßiger Geruch!), oder gesundheitsschädlicher VOC Konzentrationen" im fertigen Gebäude (wie bisher) voll zur Verantwortung gezogen zu werden.
Beispiel der Einforderung der Architektenhaftung
Wie wirbt die Plattenindustrie derzeit:
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Zitate aus "More für wood"
Kann man zukünftig überhaupt noch mit OSB bauen?
Die Verwendung von EGGER OSB Platten im Bauwesen ist auch in Zukunft sicher möglich. Platten der Hersteller, die die laut MVV TB bzw. der jeweiligen Landesbauordnung notwendigen Nachweise erbracht haben, können ohne Einschränkungen verwendet werden.
Welches Verfahren kommt bei der VOC-Prüfung zum Einsatz?
Gemäß MVV TB, Anhang 8 (ABG) werden die im AgBB-Schema 2015 und EN 16516 beschriebenen Prüfverfahren angewendet.
Transparenz ist uns wichtig. (Textquelle)
Meine Stellungnahme dazu:
Bedauerlicherweise konnte ich von keinem einzigen OSB- Plattenhersteller bis heute wirklich "transparent" umfassende Emissionsprüfberichte erhalten – mit Angabe der Einzelemissionen (unter anderem auch Essigsäure, Furfural) und dies belegt durch Prüfungen mit auch glaubwürdiger Probenahme!
Interessant auch, dass hier das AgBB Prüfverfahren als Grundlage für "Verwendung ohne Einschränkung" zitiert wird, ein Verfahren, welches vom selben Hersteller 2014 noch in einer OSB EPD offensichtlich als "nicht anerkannt" bezeichnet wurde. Zitat: "Der VOC Nachweis steht noch aus, da es kein anerkanntes Prüf- und Bewertungsverfahren gibt" (Kapitel 7.4. auf Seite 7 der EPD)
Die damals bereits gültigen AgBB Regeln haben sich bezüglich des "Verfahrens der VOC Prüfkammer- Messung" aber nicht geändert. (AgBB 2012; AgBB 2018)
Vielsagend und natürlich völlig richtig die Aussage in dieser Publikation:
Wer haftet bei Überschreitung der Grenzwerte nach Einbau? Gibt es dafür ebenfalls einen neuen Standard bei der Messung?
Die Haftung für das fertiggestellte Gebäude tragen der Planer sowie die Baufirma. Voraussetzung dafür ist, dass nach wie vor bei der Raumluftmessung die Prüfmethoden nach EN ISO 16000 anzuwenden sind. (Textquelle Aussage OSB Hersteller)
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Interpretation der Gerichtsbeschlüsse
Anders als inzwischen teilweise kommuniziert
sieht das Institut für Bautechnik in der Gerichtsentscheidung noch kein "Urteil" (Zitat vom 01.08.2019)
"In dieser Sache sind noch keine Urteile ergangen. Es handelt sich um zwei Beschlüsse, die der VGH Mannheim am 10. Juli 2019 in einem Antragsverfahren nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) durch einstweilige Anordnung (§ 47 Abs. 6 VwGO) getroffen hat. Es ging in beiden Verfahren um die Gültigkeit bestimmter Anforderungen der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB) des Landes Baden-Württemberg an VOC-Emissionen, soweit OSB-Platten und Spanplatten betroffen sind.
Danach sind die Anforderungen, die die VV TB an VOC-Emissionen von OSB-Platten stellt, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt worden. Diese Entscheidung gilt nur für Baden-Württemberg."
Die in den Medien kommunizierte Begeisterung der Hersteller scheint also verfrüht- verständlicherweise konnte ich vom Institut für Bautechnik angesichts der schwebenden Verfahren noch keine weiteren Stellungnahmen erhalten.
Was wurde überhaupt ausser Kraft gesetzt?
Nicht außer Kraft gesetzt wurde nach meiner bisherigen Auffassung (ich bat dazu auch das DIBT um eine Stellungnahme) mit diesem Urteil nämlich die grundsätzliche Anforderung an Gebäude der MVV- TB (und auch der Landesbauordnungen).
A 3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz (Seite 58 der Ausgabe 2017)
A 3.1 Allgemeines
Gemäß § 3 und § 13 MBO1 sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden und durch pflanzliche und tierische Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen entstehen.
Ausgehebelt wurden lediglich die VOC Grenzwerte und deren Deklarationspflicht der Baustoffe, konkret der Holzwerkstoffe im Anhang 8; Kapitel 2.2.2.1.1., Seite 261 (als "mögliche Grundlage" nachträglicher Herstellerhaftung.)
Zitat aus der MVV TB 2017
Die Gesundheits- und Hygieneanforderungen an bauliche Anlagen leiten sich aus den gesundheitsrelevanten Eigenschaften der verwendeten Bauteile, Bausätze und Baustoffe ab.
Diese können in entscheidendem Maß durch Emissionen zu den Raumluftverunreinigungen beitragen und erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit verursachen. Sie müssen daher im Hinblick auf den Gesundheits-schutz Anforderungen an Inhaltsstoffe und an die Freisetzung schädlicher Stoffe erfüllen. Dazu gehören potentielle Emissionen flüchtiger anorganischer und organischer Verbindungen ebenso wie von Partikeln.
Zu berücksichtigen sind sowohl bauliche Anlagen, Bauteile und Baustoffe mit direktem als auch indirektem Kontakt zum Innenraum, das heißt auch solche Produkte, die zwar mit anderen Produkten verkleidet oder abgedeckt, aber nicht diffusionsdicht abgeschottet sind. Auch der Gehalt nicht oder wenig flüchtiger chemischer Stoffe ist für die gesundheitliche Bewertung von Bedeutung, da die-se z.B. durch das Bearbeiten der Produkte auch in partikel- oder staubgebundener Form freigesetzt und für den menschlichen Körper verfügbar gemacht oder durch direkten Hautkontakt aufgenommen werden können. Anhang 8, Seite 260
Vorläufig aufgehoben wurde mit dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg lediglich
der Absatz 2.2.1.1. 2 der MVV TB 2017, nämlich die "Anforderungen an VOC Emissionen" (Seite 261/ 262) für den Bereich Holzwerkstoffe,
Anforderungen, welche aber ohnedies auch bereits bisher nicht grundsätzlich die Einhaltung der grundsätzlichen Anforderungen an das Gebäude gewährleisten konnten. Siehe dazu: Welche Sicherheit bieten Grenzwerte wie AgBB für Produkte dem Planer?
Für den Holzhausbau allgemein sehe ich mit diesem Urteil keineswegs einen Erfolg, sondern eher einen Nachteil.
Offensichtlich wird hier die gesamte Holzindustrie (auch Hersteller von Holzwerkstoffen mit nachgewiesen geringen VOC Emissionen) in die "Geiselhaft" der OSB Plattenhersteller bezüglich "öffentliches Image der Verweigerungshaltung" und "Transparenz" gegenüber dem Architekten genommen,
also jener Hersteller, die nach unserer langjährigen Erfahrung ziemlich als einzige wiederholt mit dem Problem übermäßiger VOC Emissionen zu kämpfen haben und bisher stets glaubwürdige Emissionsnachweise (z.B. bezüglich externer Probenahme) verweigert haben.
Fragwürdiger als bisher sind aber angesichts der massiven Verweigerungshaltung bezüglich Deklaration der Emissionswerte auch "Werbeaussagen" bezüglich "OSB Platten und "Wohngesundheit"
Vorsichtige Architekten werden (müssen) künftig noch wesentlich kritischer bei der Wahl Ihrer Baustoffe sein, wenn sich die Hersteller so wie bisher massiv dagegen wehren, glaubwürdige (!) Emissionsdaten zur Verfügung zu stellen.
Ich stimmen grundsätzlich der Tatsache zu, dass "natürliche Holzemissionen" im "üblichen Ausmass" keineswegs gesundheitsgefährdend sind. Ich trete daher auch seit langem dafür ein, für Terpene bei Holzwerkstoffen höhere Grenzwerte - toxikologisch begründet - einzuführen.
Dies bedeutet aber nicht einen grundsätzlichen Verzicht auf die Bewertung von Holzemissionen - bei OSB Platten besonders der auffälligen, produktionsbedingten erhöhten Werte, unter anderem dabei auch hoher, geruchsintensiver Hexanalwerte aber auch Essigsäurekonzentrationen und diese völlig zu ignorieren,
und damit den Planer und den Holzhausbauer des Risikos auszusetzen, für begründete Reklamationen seitens der Kunden in der Folge zu haften.
Unbedenklichkeit ja- aber nicht bei jeder Konzentration!
Auch das wiederholt zitierte Gutachten zur Unbedenklichkeit von OSB (Mersch Sundermann, Marutzky, 2011)
spricht nicht von völliger Unbedenklichkeit, sondern nur von "keinen gesundheitlichen Risiken bei den typischen Raumluftkonzentrationen".
Aussagen in der zitierten Studie aus Bauen und Leben mit Holz:
„Mehrere unabhängige Untersuchungen haben gezeigt, dass für die die Gruppe der Monoterpene, d.h. im Wesentlichen α-Pinen und 3-Caren, die typischen Raumluftkonzentrationen im Bereich von ca. 0,01- 0,1 mg/m³ (=10 bis 100 µg/m³) liegen. Der RW 1 von 0,2 mg/m3 (200 µg/m³) wird unter normalen Wohnbedingungen nur selten erreicht bzw. überschritten.
Folgerung:
Gemessen an den in Realräumen auftretenden holzwerkstoffspezifischen VOC sind auf der Basis der jetzt durchgeführten Untersuchungen gesundheitliche Risiken für die Bewohner nicht zu erkennen, zumal bei sachgerechter Verbauung die Konzentrationen spezifischer VOC deutlich niedriger sind als in der Studie und zumeist rasch abklingen (Mersch Sundermann, Marutzky,2011) Quelle: Seite 27
ich kenne aber Fälle mit mehreren Tausend µg/m³ VOC Belastung durch OSB!
Erwähnt sind in der Studie vor allem die Terpene – beschränkt die Essigsäure,
nicht aber produktionsbedingt auftretenden störenden "Belästigungen" durch OSB- typische Aldehyde, vor allem hier Hexanal- Gerüche, und Essigsäure.
Mir liegen aber für OSB- Platten nicht nur Prüfberichte von Baustellen mit wesentlich überhöhten Terpenwerten vor - eine erst 2019 geprüfte OSB Platte (seit 2 Jahren bereits verbaut) emittierte "gesundheitsschädliche" Mengen von Furfural (70 µg/m³; NIK Wert 10 µg/m³; steht im Verdacht, krebserzeugend zu sein) und Essigsäure. (über 2000 µg/m³; NIK Wert 1200 µg/m³). Zusammen ergab sich damit ein R-Wert = 9! (R-Wert = Risikofaktor; bei AgBB maximal erlaubt R=1)
Dazu auch ein Artikel aus dem "Deutschen Architektenblatt"
Weitere Infos zum Thema:
Bau München 2019 "Thekengespräch"
Emissionen aus Holz und Holzwerkstoffen (Umweltbundesamt 2014)
Emissionen aus Holz und Holzwerkstoffen (EGGBI aktualisiert 2022)
OSB Platten für gesundes Wohnen? (Baubiologie-Magazin 2018)
Sammlung von Gerichtsurteilen
Inhaltsverzeichnis der Zusammenfassung
Gerichtsurteile
1 Vorwort
2 Raumbelastungen als Reklamationsgrund
3 Baurecht: Rechtsanspruch, Architektenhaftung
4 Gerüche als Reklamationsgrund
4.1 Möbel
4.2 Fußboden
4.3 Geruchsbelastung in Schule durch Bodenbelag
4.4 Lösungsmittelgeruch aus darüberliegender Wohnung
4.5 Toxische Lösungsmittel aus darüberliegendem Geschoss
4.6 Geruchsstoffe im Treppenhaus
4.7 Weitere Urteile wegen Zigarettenrauch, Essensgerüche
5 Gesundheitsgefährdende Stäube
5.1 Mietminderung bei hoher (KMF) Staubbelastung
5.2 Asbestbelastung
5.2.1 Aufklärungspflicht
5.2.2 Psychische Beeinträchtigung durch begründeten Asbestverdacht
5.2.3 Mietminderung bei asbestbelasteter Wohnung
5.2.4 Gebrochene "Asbestfliese" in Mietwohnung
5.2.5 Schmerzensgeld bei Asbestbelastung in der Wohnung
5.2.6 Weitere Asbesturteile und Infos
6 Schimmelbelastung
6.1 Mehr Verbraucherrechte nach "Lübecker Urteil" 2018
6.2 Nachweispflicht Schimmelursache durch Vermieter
6.2.1 Wichtig für Mieter sind die Grundsätze des Rechtsentscheids des OLG Karlsruhe
6.2.2 Amtsgericht Osnabrück bestätigt 2013 Nachweispflicht
6.2.3 Bundesgerichtshof bestätigt ebenfalls Nachweispflicht - Reihenfolge
6.2.4 Landesgericht Augsburg 1982
6.2.5 Anforderungen an Gebäude zum Zeitpunkt des Baues unwesentlich
6.2.6 Einhaltung der Norm zum Bauzeitpunkt nicht entscheidend
6.2.7 Kondensat und Pilzbildung an den Außenwänden
6.2.8 Schränke an der Außenwand nur erheblich abgerückt?
6.2.9 Mängel an der Bausubstanz müssen Mieter nicht durch Lüften ausgleichen
6.2.10 Schimmelpilzsanierung unterliegt Gewährleistung
6.2.11 Badsanierung: Silikonfugen sind Vermietersache
6.2.12 Informationspflicht des Vermieters vor Sanierung
6.2.13 Mangelhafte Schimmelsanierung
6.2.14 100% Mietminderung bei Schimmelbefall
6.2.15 Weitere Urteile zu Schimmelbelastungen - Mietminderungen
7 Schadstoffbelastung und Beweispflicht
7.1 Kosten für Schadstoffprüfung hat der Vermieter zu tragen
7.2 Gesundheitsgefährdung im Mietrecht
7.3 Parkettkleber verursacht Schadstoffbelastung
7.4 PAK in der Wohnung
7.5 Formaldehyd in gemietetem Fertighaus
7.6 Mietminderung durch Schadstoffe in der Wohnung: Risiko genügt
7.7 Begründete Befürchtung reicht für Mietminderung
7.8 "Gesundheitsgefährdende Giftstoffe"
7.9 Giftstoffe ohne "Grenzwerte"
7.10 Insektizide
7.11 Weitere Urteile
7.12 Grenzwertüberschreitung
7.7 Grenzwertüberschreitung
8 Urteile zu Sanierungen und steuerliche Absetzbarkeit
8.1 Mieter
8.1.1 Schadstoffsanierung
8.1.2 Verdunklung der Wohnung nach energetischer Sanierung
9 Schallschutz. 21
9.1 Rechtsansprüche bei mangelhaftem Schallschutz des Gebäudes
9.1.1 Mietminderung bei extremer Hellhörigkeit
9.2 Gesundheitsgefährdung durch Infraschall
9.2.1 Schall- und Infraschallbelastungen aus der Nachbarschaft
9.2.2 Windkraft und Infraschall
10 Gebäudekauf – verschwiegene Mängel
10.1 Schadstoffhaltige Baumaterialien
10.1.1 Asbestfassade
10.2 Verschwiegener Schimmel bei Hauskauf
10.3 Kauf Fertighaus- verschwiegene Mängel
10.4 Kontaminierter Baugrund
10.5 Geruch in älteren Fertighäusern
11 Werbeaussagen "Gesundheit"
11.1 Allgemeines Urteil zu Werbeaussagen "Gesundheit"
12 Gerichtsurteile Arbeitsrecht
12.1 Umwelterkrankungen durch "Belastungen" am Arbeitsplatz
12.2 Berufskrankheiten
12.2.1 Berufskrankheit auch bei Unterschreitung gesetzlicher Grenzwerte
12.2.2 Berufskrankheit bei Einwirkung mehrerer Schadstoffe-"Kombinationsschädigung"
12.3 Arbeitsunfall
12.3.1 Stewardess von Kabinenluft vergiftet
12.4 Nicht nachvollziehbare Urteile
12.4.1 16.12.2008 OVG NRW 16.12.2008
12.4.2 VG Düsseldorf, 17.01.2011
12.4.3 VG Aachen, 10.04.2014
12.4.4 VG Würzburg, 21.04.2015
12.4.5 Beurteilung solcher Urteile
12.4.6 Widerruf einer "Zwangs- Frühverrentung"
13 Mobilfunk
13.1 Eigentumsrechte – Wertminderung Immobilien
13.2 Mietminderung in Sonderfällen anerkannt
14 Medizinische HIlfsmittel für Umwelterkrankte
14.1 Luftreiniger und Krankenkassen
15 Allgemeine Verbraucherschutz -Urteile
15.1 EuGH-Urteil stärkt Verbraucher (9.10.2015)
16 Ärztliche Atteste, Gutachter, Behördentermine
16.1 gutachterliche, amtsärztliche Untersuchungen, Behördentermine
16.2 Begleitperson
16.3 Urteile, die das Recht auf eine Begleitperson bestätigen:
16.3.1 Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (I)
16.3.2 Das Oberlandesgericht Hamm
16.3.3 Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (II)
16.3.4 Weitere Hinweise zur Begutachtung:
16.4 Vorbereitung auf das Gespräch
15.4.1 Abbruch des Gespräches
17 Weitere Prozessurteile
18 Weitere Informationen – Links
Gebäudekauf- verschwiegene Mängel
"Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache begründen." BGH Urteil V ZR 30/08 vom 27-03.2009
"Demgegenüber ist das Vorliegen eines offenbarungspflichtigen Mangels bei der Kontaminierung eines Grundstücks mit sog. Altlasten, deren Gefährdungspotential ursprünglich als nicht gegeben oder nur als geringfügig eingestuft, nunmehr aber als gravierend erkannt worden ist, zumindest in der Regel anzunehmen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rdn. 213; vgl. auch BGH, Urt. v. 19. März 1992, III ZR 16/90, NJW 1992, 1953, 1954 f.).
Insoweit besteht zwar eine Gemeinsamkeit mit dem Einsatz von Baumaterialien, die ein gravierendes gesundheitsschädigendes Potential aufweisen. Das gilt umso mehr, wenn diese Materialien Stoffe enthalten, die selbst in geringen Dosen karzinogen wirken. Andererseits gilt es dem Umstand Rechnung zu tragen, dass selbst Baustoffe mit bedenklichen Inhaltsstoffen je nach der Art ihrer Verwendung und Nutzung keine konkrete Gefährlichkeit aufweisen und sie ihre Funktion unproblematisch erfüllen können, solange es nicht zu einem Substanzeingriff kommt - man denke etwa an eine von Mauern umschlossene und von außen nicht zugängliche Dämmschicht, die, solange die Ummantelung aufrechterhalten wird, keine gefährlichen Stoffe diffundiert.
Gesundheitsschädigend in diesem Sinne sind auf jedenfall alte Fertighäuser mit erhöhten Formaldehydbelastungen aus den Spanplatten bzw. mit Holzschutzmittelbelastungen.
Siehe dazu auch: ältere Fertighäuser
Noch nicht oberstgerichtlich geklärt ist nach unserer Information(?) die Frage, ob die in den Landesbauordnungen ebenfalls aufgelisteten auszuschließenden "unzumutbaren Belästigungen" (z.B. Geruchsbelastungen) "offenbarungspflichtig" sind; es lässt sich hier allerdings der Schluss einer Analogie ziehen.
Urteile zu Belastungen an Schulen
OLG Düsseldorf 17.07.1997 Az. 23 0 214/96-70217/94:
"werden über längere Zeit Gerüche wahrgenommen, ist bereits ein Grund zur Beanstandung gegeben, der den Austausch des textilen Belags rechtfertigt, auch wenn die gängigen "Empfehlungswerte" eingehalten werden".
"Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass der Bestellerwille auf eine von üblen und unangenehmen Gerüchen freie Nutzung der Bauleistung gerichtet ist, wie sie unter Verwendung moderner Baustoffe und der Anwendung anerkannter Regeln der Technik auch durchaus erreichen läßt. Dies entspricht anerkannten Rechtsgrundsätzen."
Seite 275 Schadstoffe an Schulen
Siehe auch Auflistung von Schadstoffbelastungen an Schulen und Kitas
Künftige EU Vorschriften zu Radonbelastungen
RICHTLINIEN der Europäischen Union ab 2018
★ Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom
Amtsblatt der Europäischen Union, 17.1.2014
Artikel 74 (Seite 31)
Radonexposition in Innenräumen
(1) Die Mitgliedstaaten legen nationale Referenzwerte für die Radonkonzentration in Innenräumen fest. Der Referenzwert für die Aktivitätskonzentration in der Luft im Jahresmittel darf
300 Bq m³ nicht überschreiten.
Umsetzung
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis 6. Februar 2018 nachzukommen.
Empfehlung:
Zunehmend werden Radonprüfungen von entsprechenden Fachpersonen angeboten. Manche von diesen versuchen allerdings vor allem "eigene Produkte" zu vermarkten.
Ich empfehle grundsätzlich nur Prüfer, Berater auszuwählen, die ausschließlich ihre fachliche "Dienstleistung" - nicht gleichzeitig aber auch Produkte zum Verkauf anbieten!
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Definition "Wohngesundheit"
Versuch einer Begriffserläuterung
"Gesunde" Häuser - "gesunde" Baustoffe?
Anders als beim inzwischen inflationär verwendeten Begriffes "Nachhaltigkeit" mit vielfacher Interpretaionsmöglichkeit gibt es bei "gesundheitsbezogener Werbung" zum Schutz des Verbrauchers eine "Nachweispflicht".
Siehe dazu auch: Werbung mit Gesundheit - rechtliche Risiken
Sicherlich gibt es keine "gesunden" Häuser, Räume oder "gesunden" Baustoffe.
Ebenso gewiss gibt es aber Produkte, Gebäude, Wohnungen die maßgeblich die Gesundheit der Bewohner, Nutzer positiv - aber auch negativ beeinflussen - beeinträchtigen können.
Der Begriff
"Wohngesundheit"
neuerdings wird auch gelegentlich von "Raumgesundheit" gesprochen
(siehe auch "Greenwashing mit Wohngesundheit")-
ist seit mehr als 30 Jahren auch in der Fachliteratur bereits fest integriert,
und definiert einen "Gebäudezustand" (Zustand von Räumen)
der durch Minimierung von schädlichen/störenden Einflüssen/ Belastungen
bestmögliche Bedingungen für die Gesundheit der Nutzer schafft und damit beitragen kann,
- die Gesundheit möglichst zu erhalten
- Menschen mit besonderen Sensitivitäten gegenüber Umwelteinflüssen optimal eine "Reduzierung" ihrer Befindlichkeiten zu bieten,
- im Individualfall durch "positive Effekte" (Licht, Farbe) das Wohlbefinden sogar zu steigern.
Die Summe dieser Eigenschaften wird manchmal auch als "Wohlfühlklima" definiert.
Ebenso wie der Begriff "Baubiologie" erfordert der Begriff "Wohngesundheit" "unverzichtbar" eine ganzheitliche Erfassung aller möglichen "gesundhgeitsstörenden" Faktoren und darf sich nicht mit Einzelaspekten zufriedengeben!
Gesundheitsschädliche Einflüsse können(!) sein:
- Schimmel (meist ausgelöst durch bauliche Mängel, im Einzelfall aber auch falsches Lüftungsverhalten)
- chemische Belastungen - Schadstoffe,toxische, sensibilisierende, allergenisierende Stoffe, "störende" Gerüche - z.B. VOC, Formaldehyd, PAK, PCB, PAFS, Schwermetalle, Holzschutzmittel, Pestizide, Weichmacher, Flammschutzmittel u.v.a.) - siehe auch Gesundheitsrisiken in Gebäuden
- Stäube, Fasern (Seite 6: Mineralfasern, Seite 39: "organische Fasern", Asbest. Feinstaub)
- Belastungen durch Strahlen ("Elektrosmog", "Erdstrahlen"...)
- biologische Belastungen (Pollen, Milben...)
- Radon und "Radioaktivität" (z.B. Fliesen, Natursteine)
- Baufeuchte
- "ungesunde Luft" (z.B. zu hoher CO2 Gehalt durch nicht ausreichendes Lüftungskonzept!)
- Lärm (mangelnder Lärmschutz, Schallbrücken im Gebäude, minderwertige oder falsch installierte Haustechnik)
Positive Einflüsse können haben:
Weitere Infos:
Wohngesundheit als besondere Herausforderung für "junge Familien" und "Gesundheitsbewusste"
Þ Beispielhafte (!) Auflistung von Krankheiten, die durch
Umweltbelastungen entstehen oder verstärkt werden können
Þ Typische Symptome (SBS - "Sick- Building- Syndrom")
Wohngesundheit ist im Rahmen dieser(!) Definition zu einem hohen Anteil auch "messbar":
Möglich ist dies im Hinblick auf die sogenannten
"harten" Faktoren
- Raumluftqualität bzgl. Emissionen, u.a. entsprechend den Empfehlungen des Umweltbundesamtes
- Luftwechselrate (CO2)
- Messung der Luft und Baufeuchtigkeit
- Messung von Elektromagnetischen Feldern,
- Radon,
- Keimmessung
- Hausstaub/Feinstaub/Fasermessungen
- Lärmmessung
- Trinkwasseruntersuchungen
- Messung Lichtstärke/Lichtfarben (Begriffserläuterungen)
Gerne benenne ich Ihnen regionale Fachleute für entsprechende Messungen.Bitte beachten Sie: Der Begriff "Baubiologie" ist leider nicht geschützt; um seriöse Baubiologen zu finden wenden Sie sich direkt an entsprechende Berufsverbände bzw. an isozertifizierte Prüfinstitute.
In all diesen Bereichen gibt es "Grenzwerte" (teils gesetzlich, teils Vorsorgewerte - sehr oft nur für einzelne dieser Komponenten seitens diverser Institutionen wie z.B. AGÖF, Berufsverband der Baubiologie, IBN Neubeuern, Umweltinstitut München, Minergie ÖKo; Sentinel Haus Institut u.a.) deren "Wertung" einem ständigen Wandel unterliegt - bedingt durch ständige neue Erkenntnisse der Medizin, Psychologie, Forschung...
und deren Gewichtung auch stark von den persönlichen Anforderungen und der gesundheitlichen Kondition der Bewohner abhängig ist.
Sollte sich aus den angeführten Messungen aber ein allgemein "gesundheitsgefährdendes" Belastungsspektrum ergeben, sind natürlich die angeführten "rechtlichen" Grundlagen für Wohngesundheit auch die Basis für gerichtliche Auseinandersetzungen.
Möglich ist natürlich auch eine Bewertung im Hinblick auf
"weiche Faktoren"
(z.B. Lichtfarbe; Raumeinteilung, Ausrichtung der Räume)
Dazu gibt es zwar ebenfalls Empfehlungen (z.B. Feng Shui und andere) -
die "Überprüfbarkeit" der Einhaltung und deren "Auswirkungen" ist allerdings vorwiegend (auch dazu gibt es teilweise bereits umfassende wissenschaftliche Erkenntnisse) nur durch die Bewohner selbst individuell möglich.
Entscheidend ist daher für den Planer die persönlichen Anforderungen der Bauherren möglichst umfassend abzufragen, auf mögliche "Risikofaktoren" aufmerksam zu machen, Zielwerte schriftlich zu definieren, um spätere Reklamationen bzgl. "mangelnder Beratung" im Hinblick auf ein "wohngesundes" Gebäude zu vermeiden.
Sehr viele Marketingaussagen von Hausanbietern beziehen sich leider oft nur auf sehr wenige einzelne der angeführten Faktoren und bieten somit keine ganzheitliche Betrachtung.
Baubiologie
Mangels einer eindeutigen bzw. angesichts häufig bewusst missbräuchlichen Deutungen des Begriffes "Baubiologisch" (gerne werden vor allem von Behörden dann fälschlicherweise nur "Einzelaspekte" betrachtet - siehe Schule Rebstock)
versuche ich sowohl bei Planungen als auch bei Schadstofffällen/ Schadstoffprüfungen
die gewünschten "wohngesundheiltichen" Anforderungen konkret zu definieren und nicht eine pauschale - leider vielfach "fslach beworbene" Forderung nach "baubiologischen" Prüfungen oder Planungen zu stellen.
"Ökologische", "nachhaltige" Gebäude:
Sehr viele Anbieter verwechseln „nachhaltige“ oder "ökologische Bauweise" mit "Wohngesundheit"! (Sind Ökohäuser immer auch "wohngesund?")
Der Einsatz "natürlicher, nachwachsender Bauprodukte hat sehr hohen nachhaltigen Wert (Ressourcenschonung),
auch die Natur "bietet" aber bekanntlich zahlreiche toxische Stoffe - vor allem gerade im Bereich Natur-Bauprodukte gibt es zudem viele "allergenisierende", aber auch (oft nur im Individualfall) "sensibilisierende" Produkte.
"Energieeffiziente" Gebäude:
Die gleich begrüssenswerten Maßnahmen maximaler "Energieeinsparung" haben natürlich ebenfalls einen sehr hohen Wert im Hinblick auf "Nachhaltigkeit" (CO2 Einsparung, Klimaschutz), sind aber nicht unbedingt immer mit "Wohngesundheit" verbunden.
Siehe auch Definitionen zu Wohngesundheit bei Inwoge.
"Wohngesundheit in der bauverträglichen Praxis"
der Weg zum wohngesunden Zuhause
Wohngesundheit bei Wikipedia
Unverständlicherweise bezeichnete Wikipedia den Begriff 2014 noch als "nicht enzyklopädisch relevant", verhinderte jahrelang einen Eintrag obwohl er besipielsweise auch 2014 bereits ein fester Bestandteil in Fachpublikationen, Vorträgen und Marketingkonzepten war.
(Wikipedia Löschdiskussion 13.01.2014: "das ganze ist eine letztlich kommerzielle Begriffsbildung zweier Vereine/Verbände" - dabei war der Begriff bereits 1999 Bestandteil einer Fraunhofer Publikation: Deutsche Nationalbibliothek)
Status 21.03.2023:
Wikipedia benennt zum Thema "Wohngesundheit" nach wie vor nur "material- und raumklimabezogene" Aspekte, verlinkt zu der Seite eines "Wirtschaftsmagazins", dieses verlinkt wiederum mit dem weiteren Hinweis "Mehr Infos zu Wohngesundheit" mit rein "energie- und ressourcenrelevanten" Seiten und ignoriert wesentliche Aspekte der Wohngesundheit wie Elektrofelder, Radon, Schall, Schimmel ... = "Anforderungen an enzyklopädische Belege?"). Ein Überblick "wohngesundheitlicher Aspekte wäre z.B.: VDB-Zert
Eine Verlinkung zu meinen Publikationen wurde mir definitiv untersagt.
Definition Nachhaltigkeit
Für den Begriff „Nachhaltigkeit“ gibt es zwischenzeitlich eine unüberschaubare Zahl von Definitionen – beinhaltend Faktoren des gesamten "Lebenszyklus" eines Produktes von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung/ Wiederverwendung.
(Beispiel).
Wir vermissen bei der "Nachhaltigkeitsdiskussion" aber immer wieder eine klare Herausstellung des Faktors "Gesundheitsverträglichkeit" – meist „versteckt“ im Begriffsbereich „soziale“ oder „ökosoziale“ Komponenten.
Bei den diversen Nachhaltigkeitszertifikaten wird dieses Thema – ebenso wie bei vielen Meinungsumfragen zum Thema Nachhaltigkeit - aber meist gar nicht oder nur mit sehr geringer „Wertigkeit“ erwähnt – bei Nachhaltigkeits-Zertifizierungen für Produkte, Gebäude in nahezu allen Fällen überhaupt nicht glaubwürdig und umfassend geprüft, belegt und „kontrolliert“ (meist reichen Herstellererklärungen deren Glaubwürdigkeit in vielen Fällen in Frage zu stellen ist.) Beispiel: Ökotest stellt fest: „Herstellerdeklarationen sind keine Garantie“
Wenn überhaupt geprüft wird - werden für solche Zertifikate in der Regel allgemeine Aussagen, bestenfalls Prüfberichte zu VOCs, Formaldehyd gefordert, (industrieeigene Labels verbieten sogar die Weitergabe dieser Prüfergebnisse) - glaubwürdige Überprüfungen auf hormonell wirksame Langzeitgifte ( wie Weichmacher, Flammschutzmittel) werden bei solchen Prüfungen in der Regel bewusst ausgeklammert (Ausnahmen: natureplus, eco-Institut Label)
"Nachhaltiges Bauen", "nachhaltige Bauprodukte"
Dabei wird fast immer bestenfalls der Einsatz ökologischer Bauprodukte, vor allem aber die Energieeffizienz priorisiert, das Thema "Wohngesundheit" aber nur sehr selten ernsthaft berücksichtigt.
„Nachhaltig“ und „Öko“ ist aber nicht grundsätzlich immer "gesund und für alle verträglich" - das weiß zumindest die zunehmende Zahl von Allergikern und Umwelterkrankten (30 % der Bevölkerung), die sehr oft auch unter Emissionen aus "natürlichen" Stoffen leiden.
Hier zieht es die Baustoffindustrie in vielen Fällen vor, aufwändige Studien über die "Ökobilanzen" erstellen zu lassen, bietet bestenfalls nicht kontrollierbare "Volldeklarationen" und schmückt sich mit industrieeigenen "Gütezeichen"- verweigert aber dem Verbraucher nachvollziehbare Schadstoff- Prüfberichte, aus denen beispielsweise die tatsächlichen Emissionen (Einzelwerte) glaubwürdig(!) hervorgingen.
Staatliche Förderungen für Nachhaltigkeit
Nur aus diesem "Missverständnis" der nicht umfassend ausreichenden "Definition Nachhaltigkeit" ist auch abzuleiten, dass unter dem Begriff "Nachhaltigkeitspolitik" beispielsweise im Zusammenhang mit energetischer Gebäudeoptimierung mit Milliardenbeträgen Baumaßnahmen gefördert werden, bei denen der Einsatz hochgiftiger Flammschutzmittel unter anderem in Polystyrol-Dämmstoffen mit Langzeit- hormonellen Auswirkungen (zwischenzeitlich in der gesamten Ernährungskette nachweisbar) staatlich unterstützt wird - obwohl es zahlreiche "nachhaltige und(!) emissionsarme Alternativen gäbe. (Zusammenfassung der FNR).
Trotz internationaler Ächtung dieses Giftes seit Jahren(!) wurde beispielsweise die Ausnahmegenehmigung für den Einsatz des hochtoxischen Flammschutzmittels HBCD in (Polystyrol) Dämmungen dank einer mächtigen Lobby EU- weit erneut bis 2017 verlängert. Dass diese Produkte seit Oktober 2016 als "Sonderabfall" teuer zu entsorgen sind, interessiert die staatlichen Förderstellen offenbar nicht.
Schon lange wird von Umweltorganisationen gefordert, dass staatliche Förderungen wesentliche strengere Anforderungen an die eingesetzten Produkte stellen müssten.
Auch in den Kriterien der DGNB ("Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen") wird dem Faktor Innenraumqualität (abgeschlagen hinter "thermischen Komfort" mit 4,8 %) ein Bedeutungsfaktor von 2,8 % zugestanden (3 Punkte - DGNB Kriterium Soc.1.2)
Ähnliches gilt für den gesamten Sektor Reinigungs- und Boden/Möbel-Pflegemittel mit ebenfalls aus unserer Bewertung meist sehr "fragwürdigen" "Gütezeichen“, da ohne wirklich nachprüfbaren gesundheitsrelevanten Kriterien. Der Verbraucher, der in der Regel "Nachhaltigkeit" auch mit "Gesundheitsverträglichkeit, Schadstoffreduktion" gleichsetzt, sollte bei Umfragen, Markterhebungen zuerst über diese Begriffs-Diskrepanz aufgeklärt werden und separat bezüglich seiner Erwartungen an Produkte bezüglich "Nachhaltigkeit" und "Gesundheit" befragt werden
(Beispiel: https://www.linkedin.com/pulse/wie-macht-nachhaltigkeit-premium-dr-sandra-g%C3%A4rtner?trk=prof-post ) - aus unserer langjährigen Beratungserfahrung würden sich hier völlig neue Zahlen ergeben.
Zu unserem Bedauern verwenden viele Hersteller den Begriff "Nachhaltigkeit" ausschließlich als Marketinginstrument - wirklich unseriös dann, wenn "Nachhaltigkeitsmarketing" nur dem "Greenwashing" dient. (Beispiele:http://www.eggbi.eu/beratung/produktinformationen-guetezeichen/greenwashing/ )
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Gerichtsurteile zu Mietminderungen am Beispiel "fehlender" Heizung
Eine umfassende Zusammenstellung von Gerichtsurteilen zu Themen der Wohngesundheit, des Mieter- und allgemeinen gesundheitsrelevanten Verbraucherschutzes.... finden Se in der Publikation: "Gerichtsurteile!"
Beispiel
nicht funktionierende Heizung stellt nicht nur einen "Komfortverlust" dar, sondern bedeutet auch eine gesundheitliche Gefährdung des Mieters -
vor allem im Winter stellen nicht beheizte Räume ein erhebliches Schimmelrisiko dar. ("Richtig Heizen, Schimmelbildung vermeiden" - Umweltbundesamt)
Rechtstipp vom 2.10.2017 Heizung arbeitet nicht korrekt
Die Heizsaison beginnt in Deutschland üblicherweise am 1. Oktober und dauert bis 30. April des nächsten Jahres. Während dieses Zeitraums müssen Heizungsanlagen in Wohngebäuden so programmiert sein, dass sie zwischen 6 Uhr morgens und 23 Uhr abends so viel Leistung erbringen, dass in Wohnräumen, also hauptsächlich Wohnzimmern, eine Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad erreicht werden kann. In anderen Räumen, die nicht direkt zum Wohnen genutzt werden, also Küche, Schlafzimmer und Hausflur, sind Temperaturen zwischen 18 und 20 Grad ausreichend. Liegen die tatsächlich erreichten Temperaturen darunter und wird dadurch der Gebrauch der Wohnung durch den Mieter beeinträchtigt, liegt ein Sachmangel der Mietsache gem. § 536 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor. (Anwalt.de)
Mietminderungstabelle (Kategorie Heizung)
Gerichtsurteile
Wie sollen Mieter vorgehen, wenn die Heizung nicht mehr funktioniert?
Welche Rechte und Ansprüche haben Mieter gegenüber dem Vermieter, wenn er den Mangel nicht zeitnah beseitigt?
§ 535 BGB schreibt dem Vermieter vor, die Wohnung in einem „geeigneten Zustand” zu halten. Dazu gehört auch die Instandhaltung der Heizung. Denn bei einer zu niedrigen Raumtemperatur ist eine Wohnung nicht mehr zum Wohnen geeignet – und dafür wurde sie ja vermietet.
Bei einem Heizungsausfall hat der Mieter mehrere Möglichkeiten: Mietminderung, Zurückbehaltungsrecht und Schadenersatz. Eine Mietminderung ist ab dem ersten Tag des Heizungsdefekts möglich. Allerdings nur, wenn der Vermieter sofort über den Mangel informiert wurde und damit die Möglichkeit hat, den Defekt schnell zu beheben. Gesetzlich verankerte Regelungen, um wie viel die Miete bei Mängeln – wie einem Heizungsausfall – gekürzt werden kann, gibt es nicht. Denn die Höhe der Mietminderung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Gerichte hielten Mietminderungen zwischen fünf und 100 Prozent (zum Beispiel Amtsgericht Charlottenburg Az. 216 C 7/13, Minderung um 70 Prozent wegen Komplettausfalls von Anfang Oktober bis Anfang Dezember) für gerechtfertigt. (Rechtsindex)
Urteil Mietminderung: Kaltes Wohnzimmer - kaltes Bad - kalte Mietwohnung
Der Vermieter muss für eine sogenannte "Behaglichkeitstemparatur" von 20-22 Grad in den Haupträumen und 18-20 Grad in den Nebenräumen sorgen, wenn er Wohnung mit Heizung vermietet, so das Urteil des AG Köln. Auch muss die Wärme in den einzelnen Räumen regelbar sein.
Aus dem Urteil des AG Köln geht hervor, dass unabhängig davon, wie alt ein Heizsystem ist, der Vermieter für eine sogenannte "Behaglichkeitstemparatur" von 20-22 Grad in den Haupträumen und 18-20 Grad in den Nebenräumen sorgen muss, wenn er die Wohnung mit Heizung vermietet. Zudem muss der Mieter die Möglichkeit besitzen, die Wärme zu regulieren. Amtsgericht Köln, Urteil vom 13.04.2012 - 201 C 481/10 (Rechtsindex)
Empfehlungen:
- Heizung defekt? So sollten Mieter vorgehen
Bei Heizungsausfall muss der Mieter diesen Mangel dem Vermieter so schnell wie möglich mitteilen. Denn dieser ist für die Reparatur zuständig und muss auch die Kosten tragen. „Der Vermieter muss unverzüglich reagieren und gegebenenfalls auch eine Fachfirma einschalten“, sagt Rechtsanwalt Thomas Hannemann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Miet- und Immobilienrecht beim Deutschen Anwaltverein. Ratgeber Immowelt
Mangel der Mietsache und Mietminderung
Ein Mangel wurde, vorausgesetzt es liegen keine besonderen Vereinbarungen vor, anerkannt bei:
· unterdimensionierten Heizkörpern, dadurch geringe Raumtemperatur;
· Feuchtigkeit und Schimmelbildung, aber evtl. Obhutspflicht des Mieters!;
· defekte Heizung;
· Unzureichende elektrische Ausstattung
· erhebliche andauernde Lärmeinwirkungen durch Nachbarn, Baustellen etc.;
· Taubendreck auf dem Balkon durch Taubenplage;
· kein Stellplatz trotz vertraglicher Zusicherung;
· nächtliches Gejaule von Katzen durch Fütterung von Mitmietern
Diese Liste ist nicht abschließend. (Anwalt im Netz)
- Bei der Mietminderung richtig vorgehen
Die Höhe der Mietminderung muss angemessen sein
Um die Höhe der Mietminderung zu bestimmen, muss der Mieter abschätzen, wie stark ein Mangel der Wert der Wohnung senkt. Das kann mitunter schwierig sein.
Ein Totalausfall der Heizungsanlage beispielsweise senkt den Wohnwert im Sommer deutlich weniger als im Winter. Bei Dauerfrost sind laut einem Beschluss des Landgerichts Berlin im Einzelfall sogar Mietminderungen von 100 Prozent zulässig, wenn die Heizung gar nicht funktioniert (Az. 65 S 70/92).
Wohnungsmängel- Mietverein: "So machen Sie Ihrem Vermieter Beine"
Die Gesetzeslage ist eindeutig: Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter die Wohnung in einem ordnungsgemäßen und fehlerfreien Zustand zu überlassen und während der Mietzeit so zu erhalten. Dafür zahlt man ja schließlich Miete. Treten Fehler und Mängel auf, muss der Vermieter sie beseitigen.
Parallel zum mietrechtlichen Vorgehen kann man gegebenenfalls auch das Gesundheitsamt oder die Bauaufsicht einschalten. Allerdings werden diese Behörden nur tätig, wenn die Gesundheit des Mieters gefährdet oder wenn das Wohnen fundamental beeinträchtigt ist, etwa bei Schädlingsbefall, Heizungsausfall im Winter oder Wassersperrung. Die Behörden können dann nicht nur Ordnungsgelder gegen unwillige Vermieter verhängen, sondern auch eine Ersatzvornahme anordnen, also zum Beispiel Heizöl bestellen oder das undichte Dach decken lassen. Beim Mieterverein hat man unterschiedliche Erfahrungen gemacht mit dem amtlichen Engagement, aber schließlich kann es nicht schaden, zweigleisig zu fahren. (Berliner Mietverein)
Heizung – Mindesttemperatur
Während der Heizperiode, in der Regel vom 1. Oktober bis 30. April, muss der Vermieter die zentrale Heizungsanlage so einstellen, dass eine Mindesttemperatur in der Wohnung zwischen 20 und 22 Grad Celsius erreicht werden kann, teilte der Deutsche Mieterbundes (DMB) mit.
Wird die Mindesttemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius im Winter nicht erreicht, liegt – so der Mieterbund – ein Wohnungsmangel vor. Der Vermieter ist verpflichtet, diesen Mangel abzustellen. Solange dies nicht geschehen ist, kann der Mieter die Miete mindern, das heißt weniger zahlen. Bei einem völligen Heizungsausfall und Minusgraden im Winter ist eine Mietminderung bis zu 100 Prozent möglich. Wird es in der Wohnung nur noch maximal 18 Grad Celsius warm, ist eine Mietminderung bis zu 20 Prozent denkbar. (Mieterbund)
- Mängel - wann darf man die Miete kürzen (Frankfurter Rundschau)
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